Duda gegen Kaczynski Machtprobe in Polen um Justizreform

Warschau · (afp) Machtprobe in Polen: Der polnische Präsident Andrzej Duda stellt sich überraschend gegen eine umstrittene Gerichtsreform der rechtskonservativen Regierung. Der Staatschef verlangt eine Überarbeitung des kürzlich verabschiedeten Gesetzes, mit dem die Regierung ihren Einfluss auf die Besetzung von Richterstellen massiv ausweiten will.

(afp) Machtprobe in Polen: Der polnische Präsident Andrzej Duda stellt sich überraschend gegen eine umstrittene Gerichtsreform der rechtskonservativen Regierung. Der Staatschef verlangt eine Überarbeitung des kürzlich verabschiedeten Gesetzes, mit dem die Regierung ihren Einfluss auf die Besetzung von Richterstellen massiv ausweiten will. 

Präsident Duda erläuterte seine Bedenken gestern im polnischen Fernsehen. Das Gesetz wirke in der jetzigen Form „wie ein politisches Diktat“ bei der Richterbesetzung. Die Justiz dürfe nicht von einer Partei instrumentalisiert werden. Symbolischen Beistand bekam der Staatschef dabei von Kanzlerin Angela Merkel. Sie telefonierte noch am Dienstagabend mit ihm. Dabei sei es auch um „Rechtsstaatsfragen“ gegangen, sagte ihr Sprecher Stefan Seibert.

Das umstrittene Gesetz sieht vor, dass das Parlament künftig über die Besetzung des Landesrichterrats entscheiden soll. Das Parlament wird von der rechten Regierungspartei PiS dominiert, aus deren Lager auch Duda kommt und deren Projekte er bislang in der Regel mittrug. Dem bislang als unabhängig geltenden Rat obliegt wiederum die Besetzung der Richterposten an den ordentlichen Gerichten im Land. Duda fürchtet, die Reform könne zu einer parteipolitischen Unterwanderung der Justiz führen. Der Richterrat dürfe nicht „einer einzigen Partei, einer einzigen Gruppierung unterworfen werden“.

Als Kompromiss schlug Duda vor, die Mitglieder des Landesrichterrats künftig mit 60-Prozent-Mehrheit vom Parlament wählen zu lassen. Damit wäre die PiS für ihre Personalvorschläge auch auf Stimmen anderer Parteien angewiesen. Das Gesetz war bereits vergangene Woche verabschiedet worden, kann ohne Dudas Unterschrift nicht in Kraft treten.

Ministerpräsidentin Beata Szydlo will jedoch nicht einlenken. Die Partei werde „die Reformen zu Ende bringen“, sagte sie vor Abgeordneten. Auch PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski stellt auf stur. Im Parlament beschimpfte er die Reform-Gegner als „Verrätermäuler“.

Unterdessen gingen in mehreren polnischen Städten erneut tausende Menschen auf die Straßen, um für den Bestand der Rechtsstaatlichkeit zu demonstrieren. Mit Kerzen in der Hand formierten sie sich in Warschau zu einer Lichterkette und forderten Duda auf, die Pläne der Regierung mit einem Veto zu stoppen. „Freie Gerichte, wir wollen ein Veto!“, riefen sie. Das Parlament hat die Debatte nun erst mal vertagt.

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