Rückkehr nach Deutschland Maaßen warnt vor Kindern aus IS-Gebieten

Berlin · Nach Angaben des Verfassungsschutzchefs haben sich auch viele heimkehrende Frauen im Irak und Syrien radikalisiert.

 Mit großer Sorge blickt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, auf die Rückkehr der Frauen und Kinder von IS-Kämpfern nach Deutschland.

Mit großer Sorge blickt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, auf die Rückkehr der Frauen und Kinder von IS-Kämpfern nach Deutschland.

Foto: dpa/Michael Kappeler

(dpa) Nach den immensen Gebietsverlusten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak beobachten Verfassungsschützer mit Sorge die Rückkehr von Frauen und Kindern dortiger Kämpfer. Eine große Rückreisewelle von Dschihadisten habe noch nicht eingesetzt, „beobachten lassen sich aber Rückreisen von Frauen, Jugendlichen und Kindern“, sagte Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Hintergrund seien Bestrebungen der Kämpfer, ihre Angehörigen wegen der Kriegsgeschehnisse in Sicherheit zu bringen und sie deshalb in den Westen zurückzuschicken.

Den deutschen Inlandsgeheimdienst stellt das nach Angaben von Maaßen vor Schwierigkeiten. „Es gibt Kinder, die in den ‚Schulen’ im IS-Gebiet einer Gehirnwäsche unterzogen wurden und in starkem Maße radikalisiert sind“, sagte er. „Für uns ist das ein Problem, weil diese Kinder und Jugendlichen mitunter gefährlich sein können.“

Der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, mahnte ebenfalls, die Sicherheitsbehörden müssten die Kinder von heimkehrenden IS-Anhängern genau im Auge haben. Er sagte im Deutschlandfunk, es sei wichtig, Informationen zu sammeln, in welchen Zusammenhängen diese Kinder groß geworden seien, um das Risiko, das von ihnen ausgehe, einschätzen zu können. Er betonte aber auch, die Kinder bräuchten eine gute Betreuung in Deutschland. Es sei eine Herausforderung für die Sozialbehörden, sich auf diese Situation einzustellen.

Maaßen sieht auch in den heimkehrenden Frauen von IS-Kämpfern zum Teil eine Bedrohung. „Frauen, die in den vergangenen Jahren in IS-Gebieten gelebt haben, sind oftmals derart radikalisiert und identifizieren sich so mit der IS-Ideologie, dass man sie mit Fug und Recht auch als Dschihadistinnen bezeichnen kann“, sagte er. Das bedeute nicht immer, dass sie auch bereit wären, Anschläge zu begehen. „Aber wir müssen auch diese Frauen im Blick behalten.“

Die Zahl islamistischer Gefährder in Deutschland ist mit gut 700 so hoch wie nie. Dies sind Personen, denen die Sicherheitsbehörden grundsätzlich einen Terrorakt zutrauen. Maaßen sagte, unter den Gefährdern seien auch Frauen. Die genaue Zahl könne er nicht nennen.

In den vergangenen Jahren sind mehr als 950 Islamisten aus Deutschland Richtung Syrien und Irak ausgereist, um sich dort dem IS anzuschließen. Etwa 20 Prozent waren weiblich. Einige der Ausgereisten sind in den Kampfgebieten ums Leben gekommen. Ein Drittel ist wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Polizei und Geheimdienste befürchten seit langem, dass auch die restlichen Dschihadisten zurückkehren und hier Anschläge begehen könnten. Noch hat die große Rückreisewelle der Männer aber nicht eingesetzt.

„Was die Kämpfer angeht, sehen wir derzeit noch keine stärkere Rückkehrbewegung“, sagte Maaßen. „Wir gehen davon aus, dass diejenigen aus dem Westen, die jetzt noch beim IS kämpfen, bis zum Schluss dabei sein wollen – und erst danach eine Absetzbewegung nach Europa in Gang kommt.“ Möglicherweise kämen dann auch nicht nur westliche Kämpfer, sondern auch andere Dschihadisten nach Europa.

Der IS hat in Syrien und im Irak seine früheren Herrschaftsgebiete fast komplett verloren – bis auf Wüstenregionen an der Grenze beider Staaten. Derzeit laufen Offensiven gegen diese letzten IS-Gebiete. Maaßen warnte, auch wenn der IS dort komplett zurückgedrängt werde, sei die Terrorgruppe keineswegs besiegt. „Der geografische Untergang des IS in Syrien und im Irak führt nicht zum Verschwinden der Terrormiliz.“ Der IS sei inzwischen in einigen anderen Staaten vertreten und dort durchaus stark. Außerdem sei die Gruppe enorm vernetzt im virtuellen Raum. „Es gibt ein globales Cyber-Kalifat.“

Der Islamische Staat habe sich relativ früh auf den räumlichen Untergang in Syrien und im Irak eingestellt und seine Propaganda darauf ausgerichtet – mit der Botschaft an seine Anhänger: „Ihr müsst nicht unbedingt nach Syrien und in den Irak kommen, um zu kämpfen. Ihr könnt den Dschihad auch bei euch führen.“

(dpa)
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