Chemnitz Ein Verfassungsschutz-Chef auf Bewährung und Abruf

Berlin · Nach umstrittenen Äußerungen zu den Chemnitz-Vorfällen muss Hans-Georg Maaßen Auskunft geben.Innenminister  Seehofer stellt sich hinter ihn.

Verfassungsschutzpräsident Maaßen musste sich gestern erklären.

Verfassungsschutzpräsident Maaßen musste sich gestern erklären.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Begleitet von scharfer Kritik aus allen politischen Lagern hat Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen versucht, seine umstrittenen Äußerungen zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz zu erklären. Vor Beginn einer geheimen Sitzung des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste mit Maaßen in Berlin sagte dessen Vorsitzender Armin Schuster (CDU): „Wir müssen die leidige Debatte um Aussagen eines Behördenleiters jetzt zum Ende bringen.“ Die Diskussion der vergangenen Tage um Maaßen sei angesichts der zu lösenden Probleme des Landes nicht verhältnismäßig gewesen.

CDU, CSU und FDP im Bundestag stellten sich nach seiner Aussage am Abend hinter Maaßen. Grüne und Linke sahen hingegen weiteren Informationsbedarf, wie Vertreter der Fraktionen nach der Sitzung sagten. Danach musste Maaßen auch im Innenausschuss aussagen.

In seinem der dpa vorliegenden Bericht an das Innenministerium von Horst Seehofer (CSU) hat Maaßen seine Äußerungen zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Chemnitz mit Sorge vor einer Desinformationskampagne begründet. Maaßen erhebt darin schwere Vorwürfe gegen einen Twitter-Nutzer, der sich „Antifa Zeckenbiss“ nennt. Es sei davon auszugehen, dass dieser ein veröffentlichtes Video vorsätzlich mit der falschen Überschrift „Menschenjagd in Chemnitz“ versehen habe, „um eine bestimmte Wirkung zu erzielen“, schreibt Maaßen.

In Chemnitz war am 26. August ein 35-jähriger Deutscher mit kubanischen Wurzeln erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Afghanen, die als Asylbewerber nach Deutschland gekommen waren. Zwei sitzen in Untersuchungshaft, nach dem dritten wird gefahndet. Nach der Tat gab es fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen es auch zu Gewalt von Rechtsextremisten kam. Diese wurden unter anderem von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Regierungssprecher Steffen Seibert als „Hetzjagden“ bezeichnet. Maaßen widersprach dieser Einschätzung später öffentlich. Die Kanzlerin bemühte sich gestern, den Konflikt zu entschärfen. Im Bundestag sagte sie: „Begriffliche Auseinandersetzungen, ob es jetzt Hetze oder Hetzjagd ist, helfen uns wirklich nicht weiter.“

Maaßen nimmt in seinem Schreiben zu Fragen des Innenministeriums Stellung. Er geht ausführlich auf die Beweg- und Hintergründe seines Interviews vom 7. September ein. Deutlich wird dabei, dass er keinen Anlass sieht, sich grundsätzlich von seinen Äußerungen zu distanzieren. Der Linken-Abgeordnete André Hahn sagte vor der Sitzung des Kontrollgremiums über den Bericht, dieser sei „der Versuch, irgendwie seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen durch Relativierungen“. Bei Maaßen sei keinerlei Einsicht da, welchen Vertrauensverlust er mit seinen Äußerungen ausgelöst habe. „Jetzt ist das Maß einfach übervoll.“

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