Luxuriöse Wohltaten für Beamte

Brüssel. Die Wohltaten der EU für ihre Beamten sorgen wieder einmal für großen Ärger. Sekretärinnen-Gehälter von bis zu 8000 Euro monatlich, netto, zusätzliche freie Tage abseits des Jahresurlaubes. Und schließlich ein Fahrstuhl für die gehbehinderte Witwe eines einstigen Brüsseler Beamten, damit sie ihren Weinkeller auch künftig erreichen kann

 Die Sparpläne von EU-Ratspräsident van Rompuy gehen Berlin nicht weit genug. Foto: dpa

Die Sparpläne von EU-Ratspräsident van Rompuy gehen Berlin nicht weit genug. Foto: dpa

Brüssel. Die Wohltaten der EU für ihre Beamten sorgen wieder einmal für großen Ärger. Sekretärinnen-Gehälter von bis zu 8000 Euro monatlich, netto, zusätzliche freie Tage abseits des Jahresurlaubes. Und schließlich ein Fahrstuhl für die gehbehinderte Witwe eines einstigen Brüsseler Beamten, damit sie ihren Weinkeller auch künftig erreichen kann. Diese und einige andere Beispiele finden sich in einem Papier, das die für Brüssel zuständigen Staatssekretäre des Berliner Finanz-, Außen- und Innenministeriums zusammengetragen haben. 30 Millionen Euro hat die Kommission inzwischen an Einsparungen bis 2020 zugesagt. Die Bundesregierung fordert mehr. Bezahlte Betriebsfeiertage (beispielsweise zwischen Weihnachten und Neujahr) sollen abgeschafft werden, die geplante Anhebung des Vorruhestandes auf 58 Jahre "greift zu kurz", so die Staatssekretäre. Und angesichts der erwarteten Pensionslasten von 2,4 Milliarden Euro pro Jahr ab 2045 "ist ein größerer Sparbetrag der EU-Beschäftigten erforderlich", heißt es in dem Papier.In der EU-Kommission weist man solche Beispiele entweder als "überzogen" oder als "Einzelfälle, die aber dem Beamtenstatut entsprechen" zurück. Auch die Behauptung, im Idealfall komme ein Beamter der EU-Kommission durch die 37,5-Stunden-Woche, Reisetage, Feiertagsbrücken und Familiensonderurlaub im Idealfall auf 85 Tage Urlaub im Jahr, sei "nur rechnerisch gegeben". Die Abrechnung von Familien-Heimfahrten - bisher bekam man die Kosten erstattet, ob die Reise angetreten wurde oder nicht - habe man "bereits geändert". In Berlin sieht man das anders, in anderen europäischen Regierungshauptstädten auch. "Brüssel geht mit dem Geld nicht sorgsam genug um", ließ sich der britische Premier David Cameron bereits vor einigen Monaten über das "Luxus-Leben in Brüssel" aus.

Als bei einer Ratssitzung vor einem Jahr EU-Ratspräsident Herman van Rompuy ausgerechnet bei einer Diskussion über Einsparungen der Mitgliedstaaten eine Vierfarb-Broschüre des neuen, 240 Millionen Euro teuren Ratsgebäudes verteilen ließ, schimpfte Cameron: "Das ist ja wohl ein Witz." Es ist kein Witz.

Dabei wird keineswegs nur am Hauptsitz der europäischen Behörden in Brüssel überaus freigiebig mit Geld umgegangen. Fahnder der EU-Antibetrugsbehörde Olaf deckten im vergangenen Jahr Betrügereien mit Subventionen in Höhe von 691 Millionen Euro auf. Die Summe wird zurückgefordert. Besonders dreist gingen dabei italienische Straßenbauer mit dem Geld der europäischen Steuerzahler um. In Kalabrien flossen sage und schreibe 389 Millionen Euro in Projekte, die gar nicht zuschussfähig waren. Über 520 Millionen Euro wurden an Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur ausgezahlt, die nicht hätten gefördert werden dürfen. Und der Schaden durch entgangene Zolleinnahmen summierte sich auf 114 Millionen Euro.

Meinung

Selbstbedienungsmentalität

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes

Wenn es um Geld geht, droht man in den EU-Institutionen den Bezug zur Realität zu verlieren. Die Liste der Europa-Staatssekretäre mag nicht die finanzielle Situation des normalen EU-Beamten beschreiben, trotzdem bleibt das schale Gefühl, dass eine Selbstbedienungsmentalität herrscht. Der Hinweis der Betroffenen auf ein geltendes Statut, dass diese Wohltaten ermöglicht, ist keine Entschuldigung.

 Die Sparpläne von EU-Ratspräsident van Rompuy gehen Berlin nicht weit genug. Foto: dpa

Die Sparpläne von EU-Ratspräsident van Rompuy gehen Berlin nicht weit genug. Foto: dpa

Natürlich sollen Europas beste Beamte angemessen bezahlt werden. Die Zulagen sind aber weder mit dem heimatfernen Einsatz der Beamten noch mit den gehobenen Anforderungen an die Beschäftigten der Union zu rechtfertigen. Doch bevor die Mitgliedstaaten die Finger gegen Brüssel heben, wäre es gut, auch vor der eigenen Haustüre zu kehren. Denn auch sie lassen beim Umgang mit den Fördermitteln der Gemeinschaft - zur Erinnerung: auch dabei handelt es sich um Steuergelder - jedes Kostenbewusstsein vermissen.

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