Linke spielt rot-rot-grüne Karte

Berlin · Weder SPD noch Grüne wollen mit den Linken regieren. Doch die Partei wirbt weiter für Rot-Rot-Grün. Dass Oskar Lafontaine als Zugpferd im Westen gerade den Wahlkampf in seiner Heimat meidet, irritiert dann schon.

Noch hält die Linkspartei ihr Pulver im Bundestagswahlkampf trocken. Der bundesweite Werbefeldzug soll erst am 28. August mit einer Großkundgebung in Leipzig starten. Als einzige politisch etablierte Gruppierung hat die Linke praktisch keine Machtoption. Trotzdem spielt man gern die rot-rot-grüne Karte, um sich interessant zu machen.

"Wir kämpfen für eine andere Mehrheit als Schwarz-Gelb", betonte Linken-Chef Bernd Riexinger gestern in Berlin. Dass SPD und Grüne einem Dreier-Bündnis schon mehrfach eine Absage erteilten, bringt die Strategie der Linken keineswegs ins Wanken. Gerade weil Sozialdemokraten und Grünen nach allen Umfragen eine Mehrheit versagt bleibe, könne man ja die Linke wählen, meinte Riexinger.

Angefangen hatte es mit einem Sommer-Interview, das Spitzenkandidat Gregor Gysi dem ZDF Ende Juli gab. Darin unterstellte der Fraktionschef: Wenn die SPD nach der Wahl am 22. September ein Angebot für Rot-Rot-Grün mache, "dann müssten wir sehr inhaltliche Gespräch führen, da müsste man sehen, was alles zusammen geht". Allerdings nannte Gysi auch eine "Haltelinie", nämlich, dass man Kampfeinsätzen der Bundeswehr nie und nimmer zustimmen werde, was bekanntlich dem Standpunkt von SPD und Grünen glatt zuwiderläuft. Schon deshalb sind alle Spekulationen über eine gemeinsame Koalition eine Phantom-Debatte. Befeuert wird dieses Phantom allerdings auch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Um ihre eigenen Anhänger für die Wahl zu mobilisieren, warnte sie erst wieder am Wochenende, sich allzu sicher zu fühlen: Es könne leicht passieren, "dass man am Montag aufwacht und man hat Rot-Rot-Grün".

Auch so bleibt die Linke im Gespräch. Dennoch dürfte sie kaum an ihr gutes Wahlergebnis bei der Bundestagswahl 2009 anknüpfen. Damals kam sie auf 11,9 Prozent der Stimmen. Aktuell sind es zwischen sieben und neun Prozent. Die Zeit der großen Flügelkämpfe in der Partei ist zwar einstweilen vorbei. Doch diese Stabilisierung konnte den politischen Niedergang vor allem im Westen nicht verhindern. Zu Jahresbeginn flog die Linke in Niedersachsen aus dem Landtag, davor in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.

Politische Hochburg im Westen war bislang das Saarland - dank Oskar Lafontaine, dem nach wie vor populären Mitbegründer der Linken, der dort seine Heimat hat. Allerdings droht nun auch hier der linke Absturz. Zwar kandidiert Lafontaine nicht mehr für den Bundestag, er macht aber offenbar noch gern Wahlkampf. Bundesweit 13 Auftritte sind bislang vereinbart - nur nicht im eigenen Land. Schon dem traditionellen Sommerfest der Saar-Linken, auf dem er immer eine Rede hielt, war Lafontaine ferngeblieben. "Ich habe im Moment keinen Termin in meinem Kalender, wo Oskar Lafontaine hier auftritt", sagte der Wahlkampfleiter der Saar-Linken, Hans-Kurt Hill, unserer Zeitung. In Parteikreisen heißt es, dass es dazu nicht mehr kommen werde. Hintergrund ist Lafontaines Verärgerung über die Wahl des Saar-Spitzenkandidaten der Linken für die Bundestagswahl. Wegen Fehlern bei der Stimmenauszählung war eine Wiederholung erforderlich, bei der sich mit Thomas Lutze ein erklärter Widersacher Lafontaines durchsetzen konnte. Lafontaines Favoritin, Ex-Tennis-Star Claudia Kohde-Kilsch, fiel schon im ersten Anlauf durch.

Schwerpunkt der Wahlkampfauftritte Lafontaines ist Nordrhein-Westfalen, wo seine Freundin Sahra Wagenknecht die linke Liste anführt. Für den 7. September ist eine gemeinsame Wahlveranstaltung der beiden in Düsseldorf geplant. Genau an diesem Tag findet auch eine zentrale Kundgebung der Linkspartei in Saarbrücken statt.

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