Libyen schließt das letzte Kapitel der alten Zeit

Kairo/Tripolis. Vor einem knappen Monat hatte der letzte noch in Libyen untergetauchte Gaddafi-Sohn mit großen Worten zum Kampf aufgerufen. "Das ist unser Land, wo wir leben und sterben. Wir werden den Widerstand fortsetzen", drohte Saif al-Islam ("Schwert des Islam") damals in einer kurzen Audiobotschaft

 Gaddafi-Sohn Saif al-Islam - hier ein Foto vom März 2011 - gab sich gerne weltmännisch. Foto: dpa

Gaddafi-Sohn Saif al-Islam - hier ein Foto vom März 2011 - gab sich gerne weltmännisch. Foto: dpa

Kairo/Tripolis. Vor einem knappen Monat hatte der letzte noch in Libyen untergetauchte Gaddafi-Sohn mit großen Worten zum Kampf aufgerufen. "Das ist unser Land, wo wir leben und sterben. Wir werden den Widerstand fortsetzen", drohte Saif al-Islam ("Schwert des Islam") damals in einer kurzen Audiobotschaft. Die Flucht des 39-Jährigen endete nun in Al Obari im Süden des nordafrikanischen Landes. Er hatte sich offenbar in den Niger absetzen wollen.Die neuen Machthaber gaben am frühen Samstagnachmittag seine Festnahme bekannt. Mit "Allahu Akbar"-Rufen (Gott ist groß) reagierten Teilnehmer einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Tripolis spontan auf die Nachricht. Im ganzen Land gingen Menschen auf die Straße, um die Verhaftung des Lieblingssohns des verhassten Diktators zu feiern. Autokorsos bildeten sich und Libyer feuerten Freudenschüsse in die Luft.

Videoaufnahmen zeigten Saif al-Islam, der früher gerne smart und weltmännisch auftrat, mit Vollbart. Gekleidet in einem traditionellen Gewand, ein Tuch um den Kopf gewickelt, wurde er ins nordwestliche Sintan gebracht, wo er zunächst bleiben sollte.

Seit mehreren Wochen war über den Aufenthaltsort des mit internationalem Haftbefehl gesuchten Saif al-Islam spekuliert worden. Und immer wieder hieß es, der politisch ambitionierte Spross des selbst ernannten Revolutionsführers sei verhaftet worden oder gar tot. Zeitweise hieß es, er werde sich freiwillig stellen. Doch bestätigten sich diese Berichte nicht, der Diktatorensohn blieb verschwunden.

Diesmal hatten die früheren Rebellen und heutigen Herrscher mehr Erfolg. Nach mehr als 40 Jahren an der Macht sind jetzt wohl alle Mitglieder des Gaddafi-Clans entweder tot, im Exil oder hinter Gittern. Und während Libyen eine neue Regierung aufstellt, ein Parlament wählt und eine neue Verfassung bekommt, wird mit dem Prozess gegen den Lieblingssohn auch eines der letzten Kapitel der alten Zeit beendet.

Wie das neue Libyen allerdings mit den alten Machthabern abrechnet, ist fraglich. Gerade die bis heute nicht geklärten Todesumstände von Muammar al-Gaddafi vom 20. Oktober lassen Menschenrechtler an einem fairen Prozess zweifeln. Der Interims-Regierungschef Abdulrahim Al-Kib stellte bereits klar, dass das Verfahren auf jeden Fall in Libyen stattfinden soll. "Es ist das Recht unseres Volkes, ihn hier vor Gericht zu stellen", sagte er und versprach zugleich, dass Saif al-Islam fair behandelt werde.

Vorgeworfen wird dem Diktatorensohn, dass er als Mitglied der Führungsriege für Morde an hunderten Zivilisten, Folterungen, militärische Gewalt gegen unbewaffnete Demonstranten und gezielte Massenvergewaltigungen Verantwortung trage. Bei einem Schuldspruch wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit könnte der Strafgerichtshof in Den Haag als Höchststrafe lebenslange Haft verhängen. Bei einem Verfahren in Libyen könnte ihm sogar die Todesstrafe drohen.

 Gaddafi-Sohn Saif al-Islam - hier ein Foto vom März 2011 - gab sich gerne weltmännisch. Foto: dpa

Gaddafi-Sohn Saif al-Islam - hier ein Foto vom März 2011 - gab sich gerne weltmännisch. Foto: dpa

Einen Monat nach Gaddafis Tod jedenfalls strahlte der libysche Fernsehsender Al Ahrar Bilder aus, die einen anderen Eindruck vermitteln über den Umgang mit gefangenen Vertretern des alten Regimes. In dem mit einem Mobiltelefon aufgenommenen Video wird Saif al-Islam lebendig gezeigt. Er liegt auf den ersten Blick unversehrt und in Decken gehüllt auf einem Sofa. Nur die Finger der rechten Hand sind bandagiert.

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