Angriff auf Syrien Lektion für den „Schlächter von Damaskus“

Washington · Nach dem Raketenangriff auf Chemiewaffen-Anlagen Assads stellt sich die Frage: Welche weiteren Pläne verfolgt US-Präsident Trump für Syrien?

 Rauch steigt auf über dem Forschungszentrum in Barsah, das bei Angriffen der USA, Großbritanniens und Frankreichs stark beschädigt wurde. Die drei westlichen UN-Vetomächte haben in der Nacht zu Samstag mit Militärschlägen gegen Chemie-Anlagen in Syrien begonnen.

Rauch steigt auf über dem Forschungszentrum in Barsah, das bei Angriffen der USA, Großbritanniens und Frankreichs stark beschädigt wurde. Die drei westlichen UN-Vetomächte haben in der Nacht zu Samstag mit Militärschlägen gegen Chemie-Anlagen in Syrien begonnen.

Foto: dpa/-

„Mission erfüllt“, schrieb Donald Trump am Morgen nach dem Angriff auf Syrien in einem Tweet. Es sind Worte, die Erinnerungen an eine blamable Fehleinschätzung wecken. Als George W. Bush im Mai 2003, nach dem Sturz Saddam Husseins, auf dem Flugzeugträger „Abraham Lincoln“ erschien und hoch über ihm ein Spruchband mit der Parole „Mission Accomplished“ wehte, sollte der Irak erst noch im Sumpf eines blutigen Bürgerkrieges versinken. Seitdem hat man es in Washington weitgehend vermieden, von erfüllten Aufträgen zu reden, wenn es um Militäreinsätze in der Ferne ging. Abgesehen davon, dass Trump die Regel nicht länger beherzigt, ist es die Frage nach der Mission, die nach dem Raketenschlag die Debatten beherrscht. Was sind die Ziele, die der US-Präsident in Syrien verfolgt? Das eine haben Oval Office und Pentagon hinreichend deutlich gemacht: Eine Chemiewaffenattacke darf nicht ungestraft bleiben, schon, um Nachahmer nicht zu ermuntern. Was Trumps Denken maßgeblich bestimmt, wissen Insider, ist die Absicht, sich von seinem Vorgänger zu unterscheiden. Von Barack Obama, der eine rote Linie zog, um den Giftgaseinsatz in Syrien zu verhindern, und dann militärisch nicht handelte, als sie überschritten wurde. Etliche Probleme in dem Land gebe es nur, weil es Obama versäumt habe, die Verletzung roter Linien zu ahnden, zitiert der Harvard-Professor Alan Dershowitz, was ihm Trump vorige Woche bei einem Dinner im Weißen Haus anvertraute. Dieser Präsident lasse nicht mit sich spielen.

Zugleich stellt die Regierung  klar, dass der Angriff nichts an ihren Prioritäten ändert. Man wolle den „Islamischen Staat“ besiegen, aber nicht in den Bürgerkrieg hineinschlittern, betonte Pentagon-Sprecherin Dana White, im Grunde nur wiederholend, was bereits unter Obama Maxime war. Derzeit sind rund 2000 US-Militärs im Norden und Nordosten Syriens stationiert, um eine Allianz mit kurdischen Milizen zu bilden. Wie lange sie noch bleiben, nachdem Trump Ende März scheinbar spontan ihren sofortigen Abzug erwogen hatte, ist ungewiss. Ohne ein ernsthaftes Gegengewicht zu Akteuren wie Russland, Iran oder Türkei zu bilden, muss sich Washington mit der Rolle des Zuschauers begnügen, der vielleicht ab und an laut wird, aber nicht mitspielen kann, geben Skeptiker zu bedenken.

Moskau und Teheran seien bereit, mit ihren Truppen die Macht Assads zu garantieren, während sich die USA nicht einmal zu einer Strategie durchringen könne, doziert Ryan Crocker, einst Botschafter im Irak, in Syrien und Afghanistan. Und die Botschaft an Assad sei offenbar die: „Du kannst deine Bürger töten, wie immer du willst, nur eben nicht mit chemischen Waffen.“

Im Kongress sind die politischen Fronten eher diffus. Auch prominente Oppositionelle gehören zu denen, die Trump applaudieren, wenn auch verhalten. Chuck Schumer, die Nummer eins der Demokraten im Senat, spricht von einer punktgenauen Strafaktion, die den syrischen Diktator hoffentlich abschrecken werde. Schumers Parteifreund Eliot Engel, Abgeordneter im Repräsentantenhaus, sieht dagegen nur eine Neuauflage des Militärschlags vom April 2017, als Trump 59 Marschflugkörper auf die Luftwaffenbasis Al-Schairat abfeuern ließ. Einen anhaltenden Abschreckungseffekt habe das damalige Unterfangen nicht bewirkt, „und mangels eines breiteren Konzepts sehe ich keinen Grund, diesmal ein anderes Resultat zu erwarten“, sagt Engel. Der „Schlächter von Damaskus“ habe zwei Lektionen gelernt, triumphiert dagegen der republikanische Senator Tom Cotton, ein ausgesprochener Hardliner. Die erste sei, dass man sich auch durch Massenvernichtungswaffen keinen militärischen Vorteil verschaffe, sobald die USA die Nase voll hätten. Die zweite: „Russland kann seine Klienten nicht vor den Vereinigten Staaten schützen.“

Hinter den Kulissen konnten sich offenbar vorsichtigere Realisten wie Verteidigungsminister James Mattis durchsetzen, bevor Trump den Angriffsbefehl gab. Voller Ungeduld, schreibt die „Washington Post“ unter Berufung auf Regierungsbeamte, habe der Präsident auf schnelles Handeln gedrängt. Während der Falke John Bolton, sein neuer Sicherheitsberater, auf eine Machtdemonstration mit empfindlichen Folgen für Assad gedrängt habe, hätten sowohl Mattis als auch Joseph Dunford, der Generalstabschef der Streitkräfte, gebremst. Letztere hätten Trump das Risiko eines Zusammenstoßes mit Russland und Iran vor Augen geführt. Das Risiko einer Eskalation, die womöglich bedeutet hätte, eben doch in den Strudel des Bürgerkriegs hineingezogen zu werden. „Wir waren nicht darauf aus, dies auszudehnen“, fasste es Mattis zusammen.

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