Leinen: „Der Stein wird rollen“

Der frühere saarländische Umweltminister Jo Leinen ist seit 1999 Mitglied im Europäischen Parlament. Der 65-Jährige glaubt fest daran, dass der Reisestress bald ein Ende hat. Das sagte er SZ-Redakteur Thomas Schäfer.

Herr Leinen, Brüssel oder Straßburg, welche Stadt hat mehr zu bieten?

Jo Leinen: Straßburg hat eindeutig mehr Charme, man fühlt sich dort wohler als in der Großstadt Brüssel.

Dennoch wollen Sie weg. Wieso?

Leinen: Man muss die Entwicklung sehen. Vor 50 Jahren war das Europäische Parlament eine beratende Versammlung, die nicht sehr viel zu tun hatte. Heute sind wir ein Gesetzgeber für 500 Millionen Menschen in 28 Ländern. Wir sind ein Arbeitsparlament mit einer umfangreichen Tagesordnung. Da sollte es keine unnötigen Zeit- und Energieverluste geben.

Was ist das wichtigste Argument gegen den Reisezirkus?

Leinen: Der zusätzliche Stress für die Abgeordneten und ihren ganzen Apparat, für Mitarbeiter und zum Beispiel Dolmetscher. Das sind rund 4000 Menschen, die Monat für Monat von Brüssel nach Straßburg und wieder zurück müssen. Die 200 Millionen Euro, die das kostet - zehn Prozent unserer Budgets! -, könnte man für andere Dinge gut gebrauchen. Auch ist es eine Frage des Umweltschutzes.

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Vorstoß Erfolg hat?

Leinen: Wir haben einen Stein ins Rollen gebracht und dieser Stein wird rollen, bis es nur noch einen Arbeitsort gibt. Das wird so kommen, davon bin ich überzeugt. Alles andere ist nicht zeitgemäß. 2015 bei der Änderung des Lissabon-Vertrages muss das Thema auf den Tisch. Dafür wird das Parlament sorgen.

Ist das Vorhaben nicht schlecht für unsere Region?

Leinen: Straßburg und auch Luxemburg müssen einen Ausgleich bekommen. Das wird nicht zum Nulltarif zu haben sein. Aber beide Städte werden immer Europa-Hauptstädte sein, es gibt dort noch eine Vielzahl weiterer Institutionen. Daher wird auch Saar-Lor-Lux eine Kernregion der europäischen Einigung bleiben.

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