Lasset „Zar“ Putins Spiele beginnen

Gigantisch die Kosten von fast 40 Milliarden Euro, gigantisch Russlands Leistung, aus dem Sommerferienort Sotschi am Schwarzen Meer einen Wintersportort zu machen. Wenn Kremlchef Wladimir Putin ab heute Gastgeber der XXII.

Olympischen Spiele ist, will er sich feiern lassen - und diejenigen Lügen strafen, die nicht an seine Vision geglaubt haben. Mit beispiellosem Aufwand präsentiert sich die selbstbewusste Rohstoffmacht als moderner Vielvölkerstaat.

Viele westliche Politiker - darunter Bundespräsident Joachim Gauck und Frankreichs Staatschef François Hollande - bleiben auch mit Blick auf die Menschenrechtslage fern. Aber der Kreml verkündete stolz: 40 Staats- und Regierungschefs kämen zur Eröffnungsfeier im Fischt-Stadion, darunter - was nicht so gesagt wird - zahlreiche Diktatoren und Halbdiktatoren. Drei Milliarden Fernsehzuschauer würden Zeugen eines neuen Russlands.

Zwar hakt es hier und da noch mit unfertigen Hotels und Organisationspannen. Auch das Großaufgebot von 40 000 Sicherheitskräften stört einige Gäste. Aber "Zar" Putin hat weder Kosten noch Mühen gescheut, Russland von seiner besten Seite zu zeigen - und lässt etwaige Probleme als leicht behebbar abtun. Die Spiele von Sotschi sind die teuersten der Geschichte. Seine eigene Idee sei es gewesen, hier zwischen der Küste und den schneebedeckten Bergen das erste russische Wintersportzentrum seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion bauen zu lassen, sagt Putin. Sieben Jahre dauerte das. Die "Spiele der Superlative" gelten als die kompaktesten aller Zeiten wegen der kurzen Wege zwischen den Wettkampfstätten. Den palmenreichen Olympiapark am Meer mit den Eis-Arenen verbindet eine neue rund 50 Kilometer lange Bahnstrecke mit dem schneebedeckten Kaukasusgebirge. Neue Straßen und Tunnel sind entstanden. Auch in das Stadtzentrum von Sotschi fährt nun ein Zug. In der Bergregion Krasnaja Poljana liegen jetzt alpenähnliche Ortschaften, die es künftig aufnehmen sollen mit etablierten Wintersportregionen in Österreich oder der Schweiz. Hoffnungsfroh sind die Erwartungen, künftig die Zahl der Touristen in der Ferienregion um zwei auf sechs Millionen im Jahr zu erhöhen.

Kremlgegner kritisieren "Putins Spiele" seit langem als Ein-Mann-Show. Für den Lebenstraum des "Zaren" habe die bisher unberührte Landschaft schweren Schaden genommen, seien Gastarbeiter ausgebeutet und Bürger zwangsenteignet und mitunter nicht ausreichend entschädigt worden, betonen Menschenrechtler. Die Liste der Vorwürfe ist lang. Umso größer die Sehnsucht der Gastgeber, nach all der Kritik nun Anerkennung zu erfahren.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) wird nicht müde, Putin - selbst begeisterter Eishockeyspieler und Skifahrer - zu loben. Für Beobachter ist er längst der einflussreichste Sportpolitiker der Welt. Kaum eine russische Bewerbung für ein wichtiges Turnier, die unter seiner Führung nicht erfolgreich gewesen wäre. Für 2018 hat Putin auch die Fußball-WM in sein Land geholt hat. Dazu kommen die Weltmeisterschaften im Schwimmen (2015 in Kasan) und im Eishockey (2016 in Moskau und St. Petersburg).

Die schönen Bilder feiernder Athleten und fröhlicher Zuschauer sollen nach Einschätzung von Experten das angekratzte Bild Russlands vor allem im Westen verbessern. Für das Weltsportereignis betrieb das größte Land der Erde mit neun Zeitzonen zuletzt auch einen kolossalen Werbeaufwand. Beim längsten Fackellauf der olympischen Geschichte mit insgesamt 65 000 Kilometern Länge war das Feuer unter anderem im Weltall, am Nordpol und im Baikalsee, dem größten Süßwasserreservoir der Erde.

Sotschi 2014, sagte Putin in einem Interview, sei vor allem auch ein Beweis für den Glauben der Russen an ihre eigene Stärke. "Die russischen Menschen haben solch einen Staat erschaffen wie Russland - der größte Staat der Welt."

Zum Thema:

HintergrundKurz vor Beginn der Olympischen Spiele hat die US-Regierung vor möglichen Anschlägen auf Flüge nach Russland gewarnt. Dabei könnten in Zahnpastatuben versteckte Sprengsätze zum Einsatz kommen, sagte ein Regierungsvertreter gestern und bezog sich auf Erkenntnisse der US-Geheimdienste. Russland will die Informationen prüfen. Vize-Regierungschef Dmitri Kosak betonte jedoch: "Alle Informationen, die wir haben, sprechen von sicheren Spielen." afp/dpa

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