Lange Haft für rechte Möchtegern-Terroristen

München · Die „Oldschool Society“ wollte als Islamisten getarnt Flüchtlinge töten. Zum Anschlag kam es nie. Dennoch haben ihre Pläne Folgen.

 Die Mitglieder der rechten Terrorgruppe „Oldschool Society“ auf der Anklagebank im Münchener Oberlandesgericht. Foto: Hoppe/dpa

Die Mitglieder der rechten Terrorgruppe „Oldschool Society“ auf der Anklagebank im Münchener Oberlandesgericht. Foto: Hoppe/dpa

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(afp) Den Kölner Dom wollten sie in Brand setzen, dabei "Allahu Akbar" rufen und es damit als Werk von Islamisten aussehen lassen. Und viele Flüchtlinge wollten sie töten, "eine Handvoll Tote reicht nicht". Was Richter Reinhold Baier gestern in seinem Urteil aus Chatprotokollen der "Oldschool Society" zitiert, klingt verstörend. Wirklich gefährlich waren die Rechtsextremen aber nicht - dafür waren sie zu stümperhaft.

Richter Baier vom Oberlandesgericht München schickt die drei Männer und eine Frau, die sich über Internetchats kennenlernten und radikalisierten, nach elf Monaten Prozess wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zwischen drei und fünf Jahre in Haft. Dies ist etwas weniger, als die Bundesanwaltschaft forderte, aber deutlich mehr als die von den Verteidigern geforderten Freisprüche. Schon das Strafmaß verrät, dass die im Mai 2015 kurz vor einem möglichen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim aufgeflogene Gruppe keine besondere Gefahr darstellte. Für den zu fünf Jahren Haft verurteilten Markus W. und den zu viereinhalb Jahren Haft verurteilten Andreas H. wären als Rädelsführer auch 15 Jahre Gefängnis möglich gewesen. Für die zu drei Jahren und zehn Monate verurteilte Denis G. und den zu drei Jahren Haft verurteilten Olaf O. als Mitglieder einer Terrorvereinigung zehn Jahre.

Die Angeklagten schütteln zwar bei der Urteilsbegründung immer wieder ungläubig die Köpfe. Ihre Verteidiger aber signalisieren, dass sie die Haftstrafen wohl akzeptieren werden. Da die vier bereits seit Mai 2015 in U-Haft sitzen, haben sie zum Teil schon zwei Drittel ihrer Strafe abgesessen und könnten bei guter Führung ohnehin freikommen. In ihren Plädoyers ließen die Verteidiger selbst kein gutes Haar an ihren Mandanten. Einsame, erfolglose Menschen seien der zuletzt in Augsburg lebende Maler und Chef der Gruppe, Andreas H., der in Sachsen lebende Vizechef und Security-Mitarbeiter Markus W., die aus dem sächsischen Freital stammende arbeitslose Denis G. und der ebenfalls langzeitarbeitslose Olaf O. aus Bochum.

Mit der Vita ihrer Mandanten, die "im Leben nichts auf die Reihe gekriegt" hätten, begründeten die Verteidiger ihre Forderung nach Freisprüchen. Sie glauben, dass sie auch niemals zu Anschlägen in der Lage gewesen wären. Richter Baier argumentiert aber detailliert, warum er das anders sieht. Baier verweist etwa darauf, dass die Gruppe eine straffe Satzung hatte - mit Verhaltensregeln und einer klaren Hierarchie. Dem Chef und seinem Vize war alles unterzuordnen. Beispielhaft schildert der Richter, wie ein Mitglied einmal von Rädelsführer Markus W. zusammengeschlagen wurde - und sich dann entschuldigen musste, dass es dazu kommen konnte.

In ihren Internetchats sei zwar viel Belangloses geschrieben worden - aber immer wieder und immer konkreter auch über die Notwendigkeit von Anschlägen. Eine "Eskalation der Gewaltbereitschaft" stellte der Richter fest. Nachdem ein erstes Treffen der Gruppe im Besäufnis geendet war, verordnete sich die Gruppe selbst für ihre Treffen Abstinenz. Beim letzten Treffen der Oldschool Society hätte es womöglich zu einem Anschlag kommen sollen. Wenige Tage vorher besorgten die Angeklagten W. und G. aus Tschechien in Deutschland verbotene Böller. Allerdings kam es nie zum Treffen. Die Gruppe war schon monatelang vorher überwacht worden. Zuletzt schrieb ein V-Mann in den Internetchats sogar selbst mit. Verfassungsschützer spotteten nach dem Auffliegen der "Oldschool Society" darüber, wie leicht es ihnen gemacht worden war.

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