Lafontaine überrascht die Linke

Was am Vorabend noch als Spekulation durch die Medien geistert, wird zwölf Stunden später zur politischen Gewissheit: Linken-Chef Oskar Lafontaine verzichtet auf das Amt des Fraktionschefs im Bundestag. Eine Nachricht, die am Freitag nicht nur in Berlin für eine faustdicke Überraschung sorgt

Was am Vorabend noch als Spekulation durch die Medien geistert, wird zwölf Stunden später zur politischen Gewissheit: Linken-Chef Oskar Lafontaine verzichtet auf das Amt des Fraktionschefs im Bundestag. Eine Nachricht, die am Freitag nicht nur in Berlin für eine faustdicke Überraschung sorgt. Denn: Der Linkspartei-Chef will bei einer möglichen rot-rot-grünen Koalition im Saar-Landtag weiterhin Fraktionsvorsitzender bleiben.

Eine Entscheidung, die wie eine Bombe in der Landespolitik einschlägt. Dort hatte man den Fokus ganz auf die Grünen gerichtet, die an diesem Sonntag auf einem Landesparteitag in Fraulautern festlegen wollen, ob sie ein Jamaika-Bündnis mit CDU und FDP oder eine Koalition mit SPD und Linken anstreben. Da dieses Votum über die Regierungsbildung entscheidet, wird kurz vor Toresschluss in der Öffentlichkeit jede politische Regung begierig aufgenommen, zumal Grünen-Chef Hubert Ulrich nicht müde wird, die Koalitions-Präferenzen als offen zu bezeichnen. Beobachter wollen jetzt festgestellt haben, die Waage neige sich zu Gunsten von Jamaika.

Oskar Lafontaine kann all die Irritationen nicht nachvollziehen. Seine bundespolitische Entscheidung habe nichts mit dem Saarland zu tun, sagt er gegenüber unserer Zeitung. Die Bereitschaft, weiterhin dem Landtag anzugehören, will er als "Signal zur Stabilisierung der Fraktion" verstanden wissen. Es war in jüngster Vergangenheit der mögliche grüne Koalitionspartner, der wiederholt die Verlässlichkeit der Linken-Fraktion in Frage gestellt und ihre Sprunghaftigkeit kritisiert hatte.

Für Lafontaines Statthalter im Saarland, Rolf Linsler, kommt der Schritt seines Parteivorsitzenden nicht überraschend. Linsler macht darauf aufmerksam, er selbst habe schon davon gesprochen, Lafontaine könne wieder dauerhaft in die Saar-Politik einsteigen. Seine Erfahrung wäre von Vorteil für eine rot-rot-grüne Zusammenarbeit. Lafontaine hatte bei der Landtagswahl Ende August die Linke aus dem Stand auf 21,3 Prozent katapultiert. Argumentative Unterstützung erhalten die Linken von den Sozialdemokraten. Ihr Generalsekretär Reinhold Jost sieht ein "wichtiges Signal an die Grünen, dass Lafontaine persönlich für die Verlässlichkeit innerhalb der Linken-Fraktion Sorge tragen wird".

Die im Koalitionspoker umworbene Öko-Partei empfindet die Lafontaine-Rückkehr "eher als Drohung denn als Hilfe". Ulrich fährt schweres verbales Geschütz auf, spricht von einem "absoluten Affront gegen Rot-Rot-Grün" und SPD-Landeschef Heiko Maas. "Lafontaine will sich als Co-Ministerpräsident installieren", wettert er gegenüber der SZ. Dieser werde sich mit der Rolle eines Fraktionsvorsitzenden nicht zufrieden geben. Ulrich moniert, dass er über die Lafontaine-Pläne nicht informiert worden sei. Wie die SPD-Spitze hat auch er sie den Medien entnehmen müssen. Eine Vorgehensweise, die unter potenziellen Partnern nicht hingenommen werden könne, bemerkt Ulrich. Am Donnerstagabend hatte der Grünen-Frontmann erklärt, Lafontaines politische Rückkehr an die Saar spiele für die Koalitionsaussage der Grünen keine Rolle.

Die Saar-CDU spricht unterdessen von Lafontaines "zweiter Flucht aus Berlin".

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