Kurden-Bastion Kobane droht an IS zu fallen

Kobane · Noch leisten kurdische Milizen heftige Gegenwehr. Ob sie jedoch dem Ansturm der IS-Terroristen auf die kurdische Bastion Kobane standhalten können, erscheint immer fraglicher.

Die Einnahme der seit Tagen umkämpften syrischen Stadt Kobane durch die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) scheint nur noch eine Frage der Zeit. Trotz internationaler Luftschläge und massiver Gegenwehr kurdischer Kämpfer rückten die IS-Milizen gestern weiter in die strategisch wichtige Stadt an der Grenze zur Türkei ein. "Kobane ist dabei zu fallen", sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Seine Armee greift trotzdem nicht ein. Vielmehr kritisierte Erdogan die Luftunterstützung für die Verteidiger als unzureichend. Ankara scheint in alten Denkmustern gefangen, in denen kurdische Separatisten traditionell der größte Feind sind.

Die Lage in Kobane stellt die Türkei vor ein Dilemma. Zwar pflegt Ankara enge Beziehungen zur kurdischen Autonomieregierung im Nordirak. Das gilt aber nicht für die Kurden in Syrien. Die kurdischen Volksschutzeinheiten, die sich dem IS in Kobane entgegenstellen und de facto die Grenze zur Türkei verteidigen, sind eng mit der PKK verbunden. Kobane ist inzwischen zum Symbol des Widerstands der Kurden geworden. Viele von ihnen dürften sich erhofft haben, dort die Keimzelle für ein unabhängiges Kurdistan zu schaffen - dem sich irgendwann auch die türkischen Kurden anschließen könnten. Greift die Türkei in Kobane nicht militärisch ein, droht nicht nur ein Massaker in der Stadt: Dann hätte der IS nach einer Eroberung auch einen langen, durchgängigen Grenzstreifen zum Nato-Partner unter Kontrolle. Unterstützt die Türkei die Volksschutzeinheiten, trüge sie möglicherweise mittelbar zur Schaffung eines Kurdenstaates bei.

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