Krise statt Karneval: Berlin unter Hochspannung

Berlin · Die Krise auf der Krim hat am Wochende die Berliner Politik in Atem gehalten. Außenminister Steinmeier telefonierte fieberhaft mit dem neuen ukrainischen Regierungschef, um eine Lösung zu finden. Kanzlerin Merkel sprach am Abend mit Präsident Putin.

Viele Berliner Politiker hatten die Hauptstadt über Karneval verlassen, diejenigen aber, die geblieben waren, hatten ein hektisches Wochenende. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) telefonierte gestern den ganzen Vormittag von zuhause aus mit seinen Außenminister-Kollegen in Europa und der Führung in Kiew. Am Samstag hatte er auch schon mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow gesprochen. Gestern Nachmittag dann fuhr er ins Auswärtige Amt, um ein Sondertreffen der EU-Außenminister für heute in Brüssel vorzubereiten. Eine geplante gemeinsame Reise mit dem französischen Außenminister Laurent Fabius nach Moldawien und Georgien sagte Steinmeier kurzfristig ab. Der Ton der öffentlichen Erklärungen des Sozialdemokraten wurde fast stündlich besorgter. Hatte er Moskau am Samstag noch aufgefordert, "kein Öl ins Feuer" zu gießen, so warnte er gestern Mittag vor einer "neuen Spaltung Europas". Das Wort "Kalter Krieg" lag in der Luft.

Ausgerechnet zwei Grüne, die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck und EU-Spitzenkandidatin Rebecca Harms, nannten Steinmeiers Erklärungen "windelweich" und forderten härtere Reaktionen. Russland stelle sich außerhalb jeglichen Völkerrechts, so die sehr emotionale Erklärung der beiden. Europa gerate dadurch "an den Rand eines Krieges". Jetzt müssten alle Verträge und Handelsbeziehungen mit Moskau auf den Prüfstand. Die Grünen forderten eine Sondersitzung des Bundestages noch in dieser Woche. Die Linken machten ein "Kalter-Krieg-Denken" der EU-Führung für die Lage mitverantwortlich.

Bei einem Telefongespräch gestern Abend warf Kanzlerin Merkel Russlands Präsident Putin vor, mit der "unakzeptablen russischen Intervention auf der Krim gegen das Völkerrecht verstoßen zu haben". Putin akzeptierte den Angaben zufolge während des Telefonats einen Vorschlag der Kanzlerin, eine "fact finding mission" sowie eine Kontaktgruppe, möglicherweise unter der Leitung der OSZE, einzurichten.

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