Krawalle und brennende Barrikaden in Hamburg

Hamburg. Noch vor Sonnenaufgang gingen am Samstag in Hamburg elf Fahrzeuge der nordrhein-westfälischen Polizei in Flammen auf. Das war ein unheilvoller Auftakt für einen Tag, auf den sich die Polizei mit dem größten und teuersten Einsatz seit vielen Jahren vorbereitet hatte

 Brennende Mülltonnen blockieren die Route für eine Demonstration von Neonazis. Foto: Scholz/dpa

Brennende Mülltonnen blockieren die Route für eine Demonstration von Neonazis. Foto: Scholz/dpa

Hamburg. Noch vor Sonnenaufgang gingen am Samstag in Hamburg elf Fahrzeuge der nordrhein-westfälischen Polizei in Flammen auf. Das war ein unheilvoller Auftakt für einen Tag, auf den sich die Polizei mit dem größten und teuersten Einsatz seit vielen Jahren vorbereitet hatte. Rund 1000 Neonazis hatten sich angesagt, um mit dem "Tag der Deutschen Zukunft" ein Zeichen gegen Toleranz und Multikulti zu setzen. Linke Gegendemonstranten wollten das verhindern. Massive Randale, brennende Barrikaden, 38 verletzte Polizisten waren die Bilanz. Dennoch wertete die Polizei ihren Großeinsatz als Erfolg.Zum angekündigten Beginn der Demonstration durch die Stadtteile Wandsbek und Eilbek um zwölf Uhr verloren sich nur eine Handvoll Rechtsradikale auf der Straßenkreuzung, wo die Kundgebung beginnen sollte. Später waren es dann etwa 700, die mit mehr als drei Stunden Verspätung losmarschierten. "Dass die das dürfen!", war der meistgehörte und erschrockene Ausruf von Anwohnern und Passanten, als ein rechter Redner von der "Schwächung der biologischen Substanz des Volkes" schwadronierte und tatsächlich sagte: "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen." Solche Sätze waren in Hamburg zuvor öffentlich kaum jemals zu hören; es gibt in der Stadt keine sichtbare rechtsradikale Szene.

Die Polizei hatte sich mit einem Großaufgebot von 4400 Beamten auf das Ereignis vorbereitet. Ziel war es, das Aufeinandertreffen der Rechten mit mehreren tausend Gegendemonstranten aus dem linken Spektrum zu verhindern. "Wir haben dieses Ziel erreicht, der Einsatz war vom Grundsatz her erfolgreich", sagte ein Polizeisprecher. Der Stadtteil glich einer Festung und war weitgehend lahmgelegt. Die Wandsbeker Chaussee, die Verkehrs-Hauptschlagader im Osten der Stadt mit bis zu sechs Fahrspuren, war den größten Teil des Tages gesperrt. Auch U- und S-Bahnen sowie Regionalzüge fuhren zeitweise nicht oder bedienten nicht alle Stationen.

Die Linken hatten angekündigt, die Route zu blockieren und den Aufmarsch zu verhindern. Die meisten wollten friedlich protestieren, eine Minderheit rief aber auch zu "direkten Aktionen" auf, was in der Sprache der Autonomen Gewalt einschließt. Immer wieder kam es zu Ausbrüchen entlang der geplanten Route im Stadtteil Eilbek. Steine und Böller flogen auf Polizisten. Die Einsatzkräfte gingen ebenfalls konsequent und gelegentlich hart gegen die Blockierer vor. Die Randalierer zerstörten unter anderem eine Baustelle. Sie warfen einen Bauwagen sowie einen Stromkasten um, fackelten zahlreiche Mülltonnen ab und rissen Bauzäune aus ihrer Verankerung. Die geplante Route wurde mehrfach blockiert, teilweise unter Einsatz von Wasserwerfern geräumt und wieder blockiert. Polizei und Neonazis einigten sich auf eine alternative Route, weit südlich von der geplanten Strecke.

Auch dort kam es zu Zwischenfällen. An einigen Stellen trennten nur wenige Meter und eine Polizeikette die verfeindeten Lager. Ohne die starken Polizeikräfte wäre eine offene Straßenschlacht kaum zu vermeiden gewesen. Am Abend war der Spuk vor bei. Fahrzeuge der Stadtreinigung beseitigten Müll und die Reste ausgebrannter Container. Am nächsten Morgen zeugten nur noch Löcher im Asphalt von den brennenden Barrikaden des vergangenen Tages.

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