Krankheit war gestern

Erfurt. Zu seinem Unfall und seiner schweren Kopfverletzung verliert er nur wenige Worte, um sich dann umso ausführlicher der Wirtschaftskrise zu widmen. Thüringens CDU-Ministerpräsident Dieter Althaus will beim ersten öffentlichen Auftritt nach seinem schweren Skiunfall ein klares Signal geben: Krankheit war gestern, jetzt zählt für ihn die Politik

 Dieter Althaus stellte sich selbstsicher der Presse. Foto: dpa

Dieter Althaus stellte sich selbstsicher der Presse. Foto: dpa

Erfurt. Zu seinem Unfall und seiner schweren Kopfverletzung verliert er nur wenige Worte, um sich dann umso ausführlicher der Wirtschaftskrise zu widmen. Thüringens CDU-Ministerpräsident Dieter Althaus will beim ersten öffentlichen Auftritt nach seinem schweren Skiunfall ein klares Signal geben: Krankheit war gestern, jetzt zählt für ihn die Politik. Und dafür fühlt er sich wieder genauso fit wie vor dem Unfall, bei dem er die 41 Jahre alte Beata Christandl am Neujahrstag in Österreich tödlich verletzte und dafür wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde.

Agil tritt Althaus vor die Presse, das schmaler gewordene Gesicht für die Kameras leicht gepudert. Kein aufgeregtes Zittern der Hände, die Stimme fest. Nach wenigen Minuten hat er sich freigesprochen und schaut nur noch ab und zu auf sein Skript. Jede Bewegung soll belegen, dass er keine Schwäche zeigen und den Kampf um seine Wiederwahl am 30. August aufnehmen will. Das Schädel-Hirn-Trauma ist therapiert. "Die Behandlungen sind abgeschlossen", antwortet er trotzig auf eine Nachfrage.

Jeden Zweifel ausräumen, heißt seine Devise. Er habe auch während seiner "viermonatigen Zwangspause" nie an seiner Rückkehr gezweifelt, sagt Althaus. Den Druck seiner Partei, die trotz der schweren Verletzung an ihm festhielt, hat er als "zusätzliche Motivation" empfunden. Althaus will sich nicht schonen, schon gar nicht in Zeiten der Krise. Sein Kalender für die kommenden Tage ist voll: Sitzungen von Kabinett, Parteivorstand und Fraktion, Eröffnungen eines Krankenhauses und einer Industrieanlage, Besuch der Landwirtschaftsausstellung Agra in Leipzig und der Hannover Messe. Bei der Bundespartei will er sich ebenfalls sehen lassen. Von Beginn an vermittelt Althaus den Eindruck, seine Krankheit sei nur eine Episode gewesen.

Routiniert spult er seine Rede ab. Spätestens bei den politischen Themen ist Althaus wieder ganz der Alte: Er gibt die große Linie vor, ohne Details zu nennen. So kündigt er Hilfen für den Opel-Standort Eisenach an und ein Liquiditäts-Programm für den Mittelstand. Die Größenordnungen bleiben unklar. Weiter geht es mit der Förderung innovativer Techniken, der Werbung für die Hochschulen und mehr Personal für die Kindergärten. Auch dazu keine Einzelheiten.

Die Opposition wertet den Auftritt deshalb trotz der guten Verfassung des Rekonvaleszenten als kraftlos. Für seine Herausforderer Bodo Ramelow von der Linken und Christoph Matschie von der SPD hat Althaus keine befriedigenden Antworten auf die Herausforderungen der Wirtschaftskrise gegeben.

Der Herausforderer hat auch ein klares Bekenntnis von Althaus zur Schuld am Tod der Frau vermisst. An dieser Stelle bleibt der Ministerpräsident vage. Er sagt, das Unglück habe ihn "nachhaltig verändert", spricht von "schmerzvoller Erfahrung" und davon, "auf Vergebung angewiesen" zu sein. Er nimmt die Schuld für den Tod der 41 Jahre alten Mutter eines einjährigen Kindes auf sich, weil es so im Gutachten steht und das Gericht so geurteilt hat. "Ich habe daran keine Erinnerung, ich habe es nicht erlebt", begründet er die distanzierte Formulierung.

Was sich für Althaus nachhaltig geändert hat, bleibt verschwommen. Die ethische Dimension will er stärker in den Mittelpunkt seiner Politik rücken, das Zwischenmenschliche. "Ich werde jeden ernst nehmen." Dabei will Althaus auch seinen Unfall nicht ausklammern: "Ich bin bereit, mit jedem Thüringer über die vergangenen Wochen zu sprechen", sagt er und fügt hinzu, "aber auch über die künftigen". Und da ist wieder das Signal: Krankheit war gestern. Jetzt will er wieder machtvoll regieren.

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