AKK oder Merkel Wer hat eigentlich das Sagen?

Berlin · AKK äußert sich zu aktuellen Themen, während Merkel schweigt. In Berlin ist deshalb der Eindruck entstanden, dass die CDU-Chefin inzwischen den Ton angibt.

Kramp-Karrenbauer oder Merkel: Wer hat das Sagen in Berlin?
Foto: dpa/Carsten Koall

Manch einer in der Union gerät regelrecht ins Schwärmen. „Die Arbeitsteilung ist doch geradezu ideal“, lobt ein CDU-Abgeordneter. Während Annegret Kramp-Karrenbauer der Union als Parteichefin neues Profil gebe, löse Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Kabinett „operativ“ die Probleme. Mag sein, dass so das Zusammenspiel aussehen soll. Doch in Berlin wird spekuliert, dass AKK inzwischen in der Beziehung die Bestimmende ist.

Kommt der baldige Wechsel im Kanzleramt? Die Werteunion, eine besonders konservative Splittergruppe in der CDU, fordert ihn bereits. „Es wäre für die Union das Beste, wenn Frau Merkel ihr Amt geordnet und möglichst bald an AKK übergibt“, so der Vorsitzende Alexander Mitsch.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wies dies gestern zurück. Viele Mitglieder wünschten sich keine neuen Personaldebatten, so Ziemiak. Hinter den Kulissen wurde angemerkt, dass die Werteunion zwar stets mediale Aufmerksamkeit bekomme, sie aber in der Partei und speziell in den Landesverbänden keine Rolle spiele. Es gebe keinen Merkel-Überdruss in der Union, laut Umfragen auch nicht unter den Wählern.

Das stimmt. Die Kanzlerin ist beliebt wie lange nicht. Auffallend ist dennoch, dass Kramp-Karrenbauer in den letzten Wochen für die politischen Aufschläge zuständig gewesen ist, während Merkel mehr oder minder abgetaucht zu sein schien. Selbst die Antwort auf den flammenden Pro-Europa-Appell des französischen Präsidenten Macron übernahm die Parteivorsitzende und nicht die Kanzlerin, was vom Amt her angemessener gewesen wäre. Prompt wurde der Vorgang als Vorbote eines möglichen Rückzugs der Regierungschefin interpretiert.

Kramp-Karrenbauer und Merkel haben täglich Kontakt, per Telefon, per SMS oder bei persönlichen Treffen. Wann immer möglich, nimmt die neue CDU-Vorsitzende zudem an der Morgenlage im Kanzleramt teil. Klar ist, dass die Reaktion auf Macron abgesprochen gewesen ist; auch der Umstand, dass Kramp-Karrenbauer sie geben würde. Überdies hat Merkel es für richtig befunden, dass AKK sich unabhängig von ihr profiliert. Wie durch das „Werkstattgespräch“ der CDU zur Flüchtlingspolitik, wie durch den Hinweis, Grenzschließungen seien die „Ultima Ratio“. Die Saarländerin braucht den nötigen Spielraum, um das Klischee von der „Mini-Merkel“ abzuschütteln. Den nutzt sie – und Merkel gibt ihn ihr reichlich.

Foto: dpa/Koall

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Außerdem wünscht sich Merkel wirklich Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin. Nur wann? Die, die es wissen könnten, sagen: „An allen Spekulationen über einen raschen Wechsel ist nichts dran.“ Weil auch keiner genau den Weg dahin überblickt. In der Union schaut man zuallererst auf die SPD. Sollte sie nach der Europa- und Bremen-Wahl im Mai oder im Herbst nach den Wahlen im Osten in Panik verfallen und die Koalition platzen lassen, wäre für Kramp-Karrenbauer die Kanzlerkandidatur bei möglichen Neuwahlen frei. Oder die CDU-Chefin könnte versucht sein, eine neue Koalition zu schmieden. Doch gerade die Grünen, die sich im Umfragehoch befinden, würden wohl nicht für eine Neuauflage von Jamaika bereitstehen. Doch bleibt die SPD an Bord, wird’s schwierig, den Wechsel im Kanzleramt zu vollziehen. Ein Szenario dafür gibt es offenbar noch nicht. Außerdem betonten gestern mehre Unionisten, Merkel wirke alles andere als amtsmüde.

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