Kosten für Stuttgart 21 laufen aus dem Ruder
Stuttgart. Kurz nach der 159. Montagsdemo gegen den Tiefbahnhof schöpfen die Gegner von Stuttgart 21 wieder Hoffnung: Wird das Milliardenprojekt doch noch gestoppt? Der Bahn-Vorstand um die Herren Rüdiger Grube und Volker Kefer soll zwar auf den Bau von Stuttgart 21 bestehen, berichteten die "Stuttgarter Nachrichten"
Stuttgart. Kurz nach der 159. Montagsdemo gegen den Tiefbahnhof schöpfen die Gegner von Stuttgart 21 wieder Hoffnung: Wird das Milliardenprojekt doch noch gestoppt? Der Bahn-Vorstand um die Herren Rüdiger Grube und Volker Kefer soll zwar auf den Bau von Stuttgart 21 bestehen, berichteten die "Stuttgarter Nachrichten". 1,1 Milliarden Euro Mehrkosten seien "kein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung", wird aus dem Gremium zitiert. Doch es geht längst nicht mehr nur um die von der Bahn zugegebenen Kostensteigerung von 1,1 Milliarden Euro - zusätzlich zu den 4,52 Milliarden in der Ursprungsplanung. Es geht auch um einen Risikopuffer und Geld für Plankorrekturen von nochmals 1,2 Milliarden Euro. Wer all diese Kosten übernimmt, ist völlig unklar. Die Projektpartner aus Land, Stadt und Region Stuttgart haben längst abgewunken. Der Bund zögert.
134 Fragen soll der Aufsichtsrat, in dem auch der Bund mit Beamten aus dem Bundesverkehrsministerium Peter Ramsauers (CSU) sitzt, an den Vorstand geschickt haben. Unwirtschaftlich soll das Projekt bei 1,87 Milliarden Euro Mehrkosten sein, heißt es von der Bahn. Bahnchef Grube hatte schon einmal die Grenzlinie zur "Unwirtschaftlichkeit" gezogen - bei 4,7 Milliarden Euro, so Grube damals, ziehe er die "Reißleine". Bahnintern wird inzwischen sogar von 6,8 Milliarden Euro ausgegangen. Gezogen hat Grube die Reißleine nicht. Und glaubt man einem Dossier aus dem Hause Ramsauer, werden weitere Kostensteigerungen befürchtet. Vermisst wird ein "belastbarer aktueller Gesamtwertumfang". Das Projekt sei unwirtschaftlich, weshalb "realistische" Alternativen ernsthaft geprüft werden müssten. Schon die Schlichtung mit Heiner Geißler hatte zum Ergebnis, einen "Kombibahnhof" als möglichen Kompromiss zu prüfen. Verkehrlich, so Experten des Schweizer Verkehrsplanungsbüros SMA, wäre dies die beste Lösung. Die S 21-Befürworter konterten diese Variante stets mit dem Argument, da müsse man wieder von vorn anfangen mit der Planung.
Doch auch die Planfeststellung für den Tiefbahnhof ist noch nicht gänzlich erteilt. Es fehlen noch Teilabschnitte. Selbst die Bahn rechnet inzwischen mit Fertigstellung erst 2024 statt 2021. Mehr als zehn Jahre noch, in denen weitere unbezifferte Kostensteigerungen zu erwarten sind. Er mache es nicht mit, sich "durch eine Baugrube mitten in Stuttgart in Zugzwang setzen zu lassen", empörte sich Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Wie sein Minister Winfried Hermann sieht Kretschmann den "Ball beim Aufsichtsrat" liegen. Das Land habe sich zur freiwilligen Leistung von 930 Millionen Euro verpflichtet. "Wir müssen nicht", verdeutlicht Kretschmann. Bahnhöfe und Schienenwege seien Aufgabe des Bundes. "Wir tun das aus freien Stücken." Ideen für eine irgendwie geartete Alternative lassen sich die Grünen-Politiker offiziell nicht entlocken. Offenkundig gebe es aber eine "Debatte des Nachdenkens, ob das Projekt noch durchgeführt werden kann", sagt Hermann. Das Dossier spreche Bände.
Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne), der schon bei Amtsantritt absolute Kostentransparenz bei dem Projekt gefordert hatte, begrüßt die "neue Nachdenklichkeit beim Bund", immerhin Eigentümer der Bahn. Frühestens im März entscheidet der Bahn-Aufsichtsrat, wie es weitergeht.