Korruption im Schatten der Mächtigen

Berlin. Bimbes-Republik Deutschland? Korruption ist auch in den Bundesministerien keine Ausnahme. Nach den neuesten Zahlen des Innenministeriums, die unserer Zeitung vorliegen, ist es in den letzten beiden Jahren zu 102 Verdachtsfällen auf Korruption gekommen. Seit 2004 gab es insgesamt 347 Fälle

Berlin. Bimbes-Republik Deutschland? Korruption ist auch in den Bundesministerien keine Ausnahme. Nach den neuesten Zahlen des Innenministeriums, die unserer Zeitung vorliegen, ist es in den letzten beiden Jahren zu 102 Verdachtsfällen auf Korruption gekommen. Seit 2004 gab es insgesamt 347 Fälle. Laut Ministerium sind gegen die Betroffenen strafrechtliche Ermittlungsverfahren, arbeitsrechtliche Schritte und Disziplinarverfahren eingeleitet worden.

Jährlich sind die obersten Bundesbehörden dazu verpflichtet, dem Innenministerium von Minister Thomas de Maizière (CDU) anonym die Verdachtsfälle mitzuteilen, in denen Verfahren eingeleitet wurden. Das sieht eine Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsbekämpfung aus dem Jahr 2004 vor. Aus den Angaben wird jedes Jahr ein Bericht erstellt.

Die gemeldeten Fälle betreffen aber nicht nur Korruptionsdelikte wie Bestechung oder Vorteilsnahme, sondern auch typische Begleitdelikte wie Betrug oder Untreue. Für die Jahre 2008 und 2009 liegt bisher nur die Gesamtzahl der Fälle vor, 59 und 43. Betroffen waren in beiden Jahren das Auswärtige Amt, das Arbeits-, Innen-, Finanz-, Verteidigungs- und Verkehrsministerium. 2009 gab es zudem auch Korruptionsfälle im Wirtschaftsministerium, wie aus der Antwort der Regierung auf eine Frage des grünen Abgeordneten Alexander Bonde hervorgeht. Anfang Mai will sich der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages mit den neuesten Zahlen beschäftigen. Wie hoch der durch Korruption entstandene Schaden ist, kann die Regierung nicht beziffern.

2004 gab es 45 Fälle, 2005 waren es 78, im Jahr 2006 lag die Zahl bei 65 und 2007 bei 57 gemeldeten Verdachtsfällen. Der Bereich des Arbeitsressorts scheint besonders anfällig zu sein: Mit 72 Fällen liegt er im Zeitraum bis 2007 an der Spitze, gefolgt vom Verkehrsbereich einschließlich nachgeordneter Behörden (65), Finanzen (40) und Verteidigung (27). Keinerlei Verdachtsfälle wurden in den letzten sechs Jahren aus den Ressorts Familie, Bildung, Entwicklung, Justiz und Umwelt gemeldet.

Laut letztem Lagebild "Korruption" des Bundeskriminalamts (BKA) gab es im Jahr 2008 bundesweit rund 8600 polizeilich festgestellte Korruptionsstraftaten, zehn Prozent weniger als noch 2007. Der Schwerpunkt der Fälle betraf - wie schon in den Jahren zuvor - die allgemeine öffentliche Verwaltung und die Vergabe öffentlicher Aufträge.

Allerdings sank der Anteil dieses Bereiches an der Gesamtzahl der Fälle deutlich, was das BKA darauf zurückführt, dass die Mechanismen zur Korruptionsbekämpfung in den Verwaltungen Wirkung zeigen. Ein "beträchtliches Dunkelfeld" bleibe dennoch: Die tatsächliche Zahl der Korruptionsfälle dürfte deutlich höher liegen, als die Statistik besage.

Hintergrund

Deutschland nimmt beim Korruptionswahrnehmungs-Index 2009 der Organisation "Transparency International" weltweit den Rang 14 ein. Die Bundesrepublik liegt damit im Mittelfeld vergleichbarer Staaten. Der im November veröffentlichte Index listet Länder nach dem Grad der bei Amtsträgern und Politikern wahrgenommenen Korruption auf. Er stützt sich auf verschiedene Experten- und Managerumfragen. Der Index konzentriert sich auf den öffentlichen Sektor.red

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