Kontrolleure fordern Lehren aus dem Fall Amri

Berlin · Für Fehler im Berliner Terror-Fall ist keiner allein verantwortlich, sagt das Kontrollgremium des Bundestags. Es mahnt trotzdem Änderungen an.

 Ob das Berlin-Attentat des Anis Amri hätte verhindert werden können, untersuchen derzeit mehrere parlamentarische Gremien. Foto: BKA/dpa

Ob das Berlin-Attentat des Anis Amri hätte verhindert werden können, untersuchen derzeit mehrere parlamentarische Gremien. Foto: BKA/dpa

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(dpa) Der Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri war verschiedenen Sicherheitsbehörden lange bekannt. Der Tunesier war als islamistischer Gefährder eingestuft und ausreisepflichtig. Doch seine Abschiebung scheiterte. Viele fragen sich, ob Behörden versagt haben. Die Geheimdienstkontrolleure des Bundestags haben rund zwei Monate mögliche Fehler oder Versäumnisse untersucht. Neues befördern sie nicht zutage. Sie sehen aber strukturellen Nachbesserungsbedarf. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:

Was ist die sogenannte Task Force, die den Fall jetzt untersucht hat, und wie wurde sie eingesetzt?

Sie ist interne Ermittlergruppe des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr). Mit den Untersuchungen zum Fall Amri beauftragte das Gremium im Januar seinen Ständigen Bevollmächtigten Arne Schlatmann. Seine Funktion eines Ständigen Beauftragten, der den Abgeordneten des Bundestags mit einer eigenen Mannschaft zuar beiten soll, gibt es erst seit einer Geheimdienstreform im Herbst 2016.

Was hat die Task Force festgestellt?

Die von Anis Amri ausgehende Gefahr wurde von den zuständigen Sicherheitsbehörden falsch eingeschätzt. So lautet die rückblickende Bewertung in der Kurzfassung. Das PKGr kritisierte zugleich, dass Amris Handlungsspielräume nach dem Ende seiner Überwachung nicht konsequenter eingeschränkt wurden.

Gibt es einen Hauptverantwortlichen für die Fehler?

Aus Sicht des Gremiums nicht. Dessen Vorsitzender Clemens Binninger wies daraufhin, dass rund 50 staatliche Stellen mit Amri zu tun gehabt hätten.

Welche Schlüsse zieht das PKGr?

Das Gremium will vor allem am Umgang mit Gefährdern ansetzen. Es pocht etwa auf bundesweit einheitliche Instrumente und eine "koordinierende Steuerung von Informationen und Maßnahmen". Damit liegt das PKGr in etwa auf der Linie von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Dieser hatte zuletzt eine stärkere Zentralisierung in der Sicherheitsarchitektur zur Diskussion gestellt. Das Kontrollgremium drängt außerdem unter anderem auf eine umfassendere Bewertung von Gefährdern. Diese sollen künftig nicht mehr allein anhand bestimmter Sachverhalte eingestuft werden, sondern dabei soll auch die Person an sich analysiert werden.

Wer bemüht sich noch um Aufklärung im Fall Amri?

Auch im Land Berlin soll ein Sonderbeauftragter das Handeln der Sicherheitsbehörden und mögliche Fehler vor dem Terroranschlag untersuchen. In Nordrhein-Westfalen bemüht sich ein Ausschuss des Landtags um Aufklärung. Dort sagte gestern NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) aus und widersprach de Maizière (CDU). Jener hatte angedeutet, dass der Tunesier vor dem Anschlag womöglich in Abschiebehaft hätte genommen werden können. "Diese Rechtsauffassung teile ich ausdrücklich nicht", sagte Jäger. Juristisch sei das nicht machbar gewesen.

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