Polizei-Kontrolle Wenn fast jeder fünfte Brummi-Fahrer betrunken ist

Worms · Beim Warten auf die nächste Tour gehört Alkohol dazu: Erneut zeigt eine Polizeikontrolle an Raststätten, wie groß das Problem bei Fernfahrern ist.

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Polizei kontrolliert Lkw-Fahrer in Rheinland-Pfalz auf Alkohol

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Foto: dpa/Andreas Arnold

Eine Gruppe von vier jungen Männern steht auf einem Parkplatz an der Autobahn 61 bei Worms und beobachtet die Beamten bei ihrer Arbeit. „Wir haben damit gerechnet, dass heute kontrolliert wird und haben deshalb schon seit gestern Abend nichts mehr getrunken“, sagt einer der Männer, kräftige Statur, dunkelhaarig, in gebrochenem Englisch. Gegen die Kontrollen habe er nichts, sagt er. „Heute gab‘s für uns nur Saft und Kaffee“, fügt ein anderer hinzu und lacht. Die Männer kommen alle aus Rumänien und arbeiten seit Jahren als Lkw-Fahrer. Sie verbringen viele Wochenende auf Parkplätzen an Raststätten wie dieser, erzählen sie. Alkohol zu trinken gehört zu ihren freien Abenden dazu.

34 Beamte der Autobahnpolizei-Dienststellen Gau-Bickelheim an der A 61, Kaiserslautern an der A 6 und Ruchheim an der A 650 waren am Sonntagabend im Einsatz. Sie kontrollierten die Fahrer, um ihre Fahrtüchtigkeit nach Ablauf des sonntäglichen Fahrverbots zu prüfen. Fast ein Fünftel der Brummi-Fahrer, 18 Prozent der 344 Kontrollierten, war nach Angaben der Polizei alkoholisiert. Der höchste Wert lag bei 3,19 Promille. Hintergrund der zweiten Aktion dieser Art binnen weniger Wochen war eine Häufung von Fällen, bei denen Lkw-Fahrer nach ihrer Sonntagspause betrunken gestoppt wurden.

„Wir haben hier keine Szene“, sagt Einsatzleiter Jörg Wegener. Der Schwerpunkt der Kontrollen liege deshalb auf der Prävention. „Wenn wir feststellen, dass jemand alkoholisiert ist, nehmen wir demjenigen die Papiere und den Führerschein ab und geben sie ihm erst wieder, wenn er wieder 0,0 Promille hat“, sagt Wegener. In der Regel sei das schon am nächsten Morgen der Fall. Allerdings kämen häufig Sprachbarrieren hinzu. „Viele der Fahrer kommen aus Osteuropa und sprechen weder Deutsch noch Englisch – deshalb haben wir ein Infoblatt in mehreren Sprachen vorbereitet, das wir ihnen aushändigen“.

Schon am 13. Januar hatte es eine ähnliche Kontrollaktion gegeben, auch in den Nachbarländern Hessen und Baden-Württemberg. Auch dabei kam raus, dass zahlreiche Fahrer betrunken waren. „Eine Alkoholanfälligkeit ist bei vielen Lastwagenfahrern nicht von der Hand zu weisen“, sagt Einsatzleiter Wegener. Um dem langfristig entgegenzuwirken, werde die Polizei in Zukunft neben präventiven auch vermehrt repressive Kontrollen vornehmen, also auch während der Fahrt stoppen und überprüfen.

Die Unfallforschung der Versicherer verweist auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, wonach es 2017 bundesweit zu rund 22 700 Unfällen kam, die Lkw-Fahrer aufgrund eines Fehlverhaltens verursacht haben. Davon seien 382 auf Alkohol zurückzuführen, allerdings gebe es eine Dunkelziffer. So werde beispielsweise bei einem toten Lastwagenfahrer nach einem Unfall kein Alkoholwert ermittelt, sagt UDV-Leiter Siegfried Brockmann. Aus dem Nichts aufgetaucht sei das Phänomen Alkohol bei Lkw-Fahrern nicht. „Das ist nicht neu, wir sehen es jetzt nur besser“, sagt Brockmann. Das liege schlicht daran, dass die Polizei mittlerweile mehr gezielte Kontrollen mache. Allein in Rheinland-Pfalz gab es 2018 laut der neuesten Polizei-Statistik 768 Lkw-Unfälle mit Verletzten. Elf Unfälle hatten demnach betrunkene Lkw-Fahrer verursacht.

Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung fordert, die Ursachen der Alkoholprobleme zu bekämpfen. Der Verband unterstützt den Vorschlag der EU-Verkehrsminister, für Lkw-Fahrer eine Heimkehrpflicht nach spätestens vier Wochen im Einsatz festzulegen. „Wer regelmäßig zu Hause bei seiner Familie sein kann, hat auch keinen Grund, aufgrund sozialer Isolation zur Flasche zu greifen“, sagte Hauptgeschäftsführer Dirk Engelhardt.

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