Konkurrenz aus dem Osten für die EU?

Astana · Freier Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Arbeitskräften – die Eurasische Union unter der Führung Russlands will vor allem wirtschaftlich zusammenarbeiten, beteuern die Gründer. Doch im Westen gibt es Befürchtungen.

Eine neue Sowjetunion wie zu Zeiten des Kalten Krieges soll die Eurasische Wirtschaftsunion nicht werden. Das beteuern ihre Gründungsväter - Kremlchef Wladimir Putin, der als letzter Diktator Europas gescholtene weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko und Kasachstans autoritärer Staatschef Nursultan Nasarbajew - beinahe im Chor. Doch für viele im Westen sieht es genau danach aus, dass mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der totalitären Sowjetunion nun ein neues Imperium entstehen soll.

Der Phantomschmerz über den Verlust des Großmachtstatus sitzt vor allem in Russland tief - daher nun auch diese Antwort auf den vor allem in der Ukraine-Krise als Vormachtstreben kritisierten Kurs der EU. Ziel der mit einem 700 Seiten dicken Vertrag besiegelten Gemeinschaft sei der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Arbeitskräften, beteuern die Gründungsväter - vielleicht künftig auch eine Währungsunion. Die Troika wolle auch die noch aus kommunistischen Zeiten bestehenden Transportwege und Industrieanlagen mutzen, sagt Putin. Dass die Technik vielerorts hoffnungslos veraltet, die Infrastruktur marode und die Bürokratie extrem korrupt ist, erwähnt der Kremlchef nicht.

Die politischen Signale sind bei der feierlichen Zeremonie mit Hunderten Gästen unübersehbar. Das Bündnis solle auch die Erfahrungen der Europäischen Union nutzen, sagt Nasarbajew. Solche Integrationsprozesse sollen nicht nur die Wirtschaft entwickeln, sondern zum Wohlstand der Bürger führen. So sollen die Menschen wie in der EU nun auch frei ihren Ausbildungs- und Arbeitsort wählen können - was es in der UdSSR nicht gab.

Putin wunderte sich unlängst, dass die EU die Eurasische Union "absichtlich" meide. "Brüssel sieht in diesen Integrationsprozessen offenkundig eine Bedrohung seiner Konkurrenzfähigkeit." Putin weist zurück, dass er an der Wiedererrichtung eines Imperiums nach dem Vorbild der Sowjetunion arbeite. Das sei ein "politisches Klischee", das nichts mit der Wirklichkeit zu tun habe.

Das dürften auch Lukaschenko und Nasarbajew von ihm hören wollen. Die autoritären Politiker betonen, die von Moskau vorangetriebene Union dürfe die Unabhängigkeit ihrer Länder nicht gefährden. Angesichts des Konflikts in der Ukraine, die im Machtkampf mit Russland zuletzt die Halbinsel Krim verlor, sitzen die Ängste tief. Gern hätte Putin auch die Ukraine in die Union eingebunden. Doch das Projekt scheiterte mit der proeuropäischen Revolution in Kiew, wo die neue Führung nun Kurs auf die EU nimmt. Der Kampf um Macht und Einfluss zwischen dem Westen und Russland im postsowjetischen Raum geht indes weiter.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort