Klimasünden im Dienste des Bundestags

Berlin. Es ist schon ein Luxus, den sich der Deutsche Bundestag gönnt: die Fahrbereitschaft. Rund um die Uhr können die 622 Abgeordneten die schwarzen Nobelkarossen mit Chauffeur für kostenlose Fahrten innerhalb Berlins benutzen. Und sie tun dies oft und gerne - in Spitzenzeiten sind 300 Fahraufträge in zwei Stunden keine Seltenheit

Berlin. Es ist schon ein Luxus, den sich der Deutsche Bundestag gönnt: die Fahrbereitschaft. Rund um die Uhr können die 622 Abgeordneten die schwarzen Nobelkarossen mit Chauffeur für kostenlose Fahrten innerhalb Berlins benutzen. Und sie tun dies oft und gerne - in Spitzenzeiten sind 300 Fahraufträge in zwei Stunden keine Seltenheit. Da wird dann über den Auspuff ordentlich was in die Luft geblasen. Und weil das so ist, sollten die rund 180 Dienstwagen eigentlich schon seit längerem klimafreundlich unterwegs sein. Doch das ist bei einem Großteil der Autos immer noch nicht der Fall.Die Grünen ärgern sich derzeit kräftig darüber, und Streit mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) scheint heute im Ältestenrat des Bundestags programmiert. Bei seiner Sitzung soll die Klimabilanz des Fuhrparks Thema sein. Im April 2009 hatte das Gremium auf Initiative der Grünen beschlossen, ab 2010 nur noch Wagen einzusetzen, die weniger als 140 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Ab dem Jahr 2012 soll ein Wert von 120 Gramm erreicht werden, also bereits deutlich unter dem EU-Zielwert von 137 Gramm bis 2015. "Der Bundestag ist damit vorbildlich", erklärte damals die Vizepräsidentin Gerda Hasselfeld (CSU). Mittlerweile sei klar, "dass dieser Beschluss nicht umgesetzt wurde", kritisiert nun die grüne Umweltexpertin Bärbel Höhn.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende beruft sich auf ein Schreiben von Präsident Lammert, aus dem hervorgeht, dass die 150 Fahrzeuge eines bekannten deutschen Herstellers, die ein externer Dienstleister bereitstellt, die Vorgaben des Ältestenrates "um bis zu 19 Gramm CO2 pro Kilometer" überschreiten. Das beauftragte Unternehmen selbst verweist aber darauf, dass die Fahrer in ökonomischer Fahrweise so geschult würden, dass die ausgestoßene CO2-Emission gesenkt werde. Den Grünen reicht diese Erklärung nicht: "Spritsparschulungen sind schön und gut, aber sie ersetzen keine effiziente Fahrzeugtechnik." Die Umsetzung des Ältestenrat-Beschlusses dürfe nicht daran scheitern, "dass sich der Dienstleister aus wirtschaftlichen Gründen an einen einzigen Anbieter gebunden hat". Laut Bundestagsverwaltung habe das Unternehmen inzwischen zugesichert, Anfang 2011 abgasärmere Fahrzeuge zu beschaffen.

Ergänzend besitzt der Bundestag noch einen eigenen Fuhrpark von rund 30 Fahrzeugen. Die Vorgabe des Ältestenrates, so Lammert, sei beim turnusmäßigen Austausch der Autos im Juli 2010 umgesetzt worden. Mit Ausnahme von 13 Fahrzeugen. Die im Verkaufsprospekt und in einer schriftlichen Zusage angegebenen, klimafreundlichen Ausstoßwerte hätten nicht dem tatsächlichen Wert entsprochen. Diese Fahrzeuge sollen Anfang Dezember ausgewechselt werden.

"Wir müssen als Bundestagsabgeordnete beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen und in sparsamere Fahrzeuge umsteigen", so Höhn. Sie will daher auch Elektro- oder Hybridfahrzeuge in den Fuhrpark aufnehmen. Grundsätzlich stimmt die Bundestagsverwaltung zu. "Aber die Fahrzeuge entsprechen derzeit nicht den Anforderungen der Nutzer an Reiselimousinen", heißt es einschränkend. Somit dürfte der Streit um eine klimafreundlichere Fahrbereitschaft in die nächste Runde gehen.

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