Klimagipfel-Finale: Drama, Mauscheln, Warten, Zittern

Kopenhagen. Drama, totale Unsicherheit und ein heilloses Durcheinander bei der Klima-Versammlung mit so gut wie allen Spitzen-Politikern der Welt: Am späten Freitagabend haben sich die Regierungen von 25 Staaten nach streckenweise chaotischen Beratungen am Ende doch noch auf einen Klima-Kompromiss geeinigt

Kopenhagen. Drama, totale Unsicherheit und ein heilloses Durcheinander bei der Klima-Versammlung mit so gut wie allen Spitzen-Politikern der Welt: Am späten Freitagabend haben sich die Regierungen von 25 Staaten nach streckenweise chaotischen Beratungen am Ende doch noch auf einen Klima-Kompromiss geeinigt. Mit Zustimmung der EU und unter Beteiligung von Bundeskanzlerin Angela Merkel handelten die Staats- und Regierungschefs führender Länder in Kopenhagen eine gemeinsame politische Erklärung aus, die ein unverbindliches Zwei-Grad-Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung vorsieht. Mehrere Detailfragen wurden darin aber offengelassen. So soll beispielsweise über die Emissionsziele für die Industriestaaten für 2020 offensichtlich erst im Januar entschieden werden. Den Weg zum Kompromiss frei gemacht hatte US-Präsident Barack Obama, der sich mit dem chinesischen Premier Wen Jiabao und Indiens Premierminister Manmohan Singh nach einem Bericht des US-Senders MSNBC in einem wichtigen Punkt einigte. Dabei ging es vor allem um das umstrittene Thema Überprüfbarkeit von Chinas und Indiens Klimaschutzmaßnahmen. Das Weiße Haus stufte die Übereinkunft dem Bericht zufolge als "bedeutend" ein. Die Klima-Streitigkeiten zwischen den USA und China, aber auch anderen Schwellenländern galten beim Kopenhagener Klimagipfel als eines der wichtigsten Hindernisse für ein Abkommen.Die Entwicklungs- und Schwellenländer reagierten zunächst positiv auf den Konsens. Hingegen sprach die Umweltorganisation Greenpeace von einem "ernüchternden" Ergebnis. Bei seiner Ankunft am Vormittag hatte Obama gesagt: "Ich bin nicht hierhergekommen, um nur eine Rede zu halten." Und musste von der ersten Minute an erleben, dass seine Kollegen aus aller Welt hier tatsächlich ganz anderes von ihm erwarteten als einfach eine weitere schwer beeindruckende Obama-Rede: Postwendend nach der Ankunft im eingeschneiten Bella Center wurde der Präsident von Kollegen wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zum "Mauscheln" für einen Kompromiss in einen Seitenraum gebeten. Während sich diese Beratungen immer länger hinzogen, warteten die wichtigsten Gesprächspartner im Plenarsaal fast zwei Stunden untätig und irgendwie zunehmend auch unwillig, darunter auch Chinas Regierungschef Wen Jiabao. Als die immer machtvoller und selbstbewusster auftretenden Spitzenleute aus China, Brasilien und Indien kurzfristig den Plenarsaal verließen, gab es bange Gesichter: Sollte das vielleicht das Aus bedeuten? Erleichterung dann, weil die drei ganz im Gegenteil zu den internen Beratungen gerufen wurden. Aber auch diese schienen zunächst wenig Fortschritte zu bringen, wie die anschließenden Reden vor dem Plenum zeigten: Weder Obama noch Wen bewegten sich zu diesem Zeitpunkt auch nur Millimeter von ihren konträren Positionen. Peking wollte sich bei der Verminderung von CO2-Emissionen nicht durch ausländische Kontrolleure durchleuchten lassen. Obama seinerseits bestand auf "Transparenz". Beide lasen vorformulierte Statements ab, die nichts mit den Beratungen der letzten Stunden zu tun hatten. Dass noch ein weitgehendes Klimaabkommen in aller Eile zusammengezimmert werden könnte, glaubte in Kopenhagen niemand mehr.

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