Klima-Killer werden kaltgestellt

Kigali · Seit mehr als 20 Jahren müssen neue Kühlschränke in Deutschland FCKW-frei sein. Doch auch die Ersatzstoffe bedrohen das Klima. Im Kampf gegen die Erderwärmung gelingt in Ruanda ein wichtiger Erfolg.

 Kühlschränke und andere Kühlgeräte dürfen bald keine schädlichen Treibhausgase mehr enthalten. Von 2019 an müssen die Industriestaaten umrüsten, später auch die Entwicklungsländer. Foto: Wu/dpa

Kühlschränke und andere Kühlgeräte dürfen bald keine schädlichen Treibhausgase mehr enthalten. Von 2019 an müssen die Industriestaaten umrüsten, später auch die Entwicklungsländer. Foto: Wu/dpa

Foto: Wu/dpa

Für Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD ) ist es ein "Meilenstein für den weltweiten Klimaschutz ": Die Staatengemeinschaft hat sich bei einer Konferenz in Ruanda auf ein Folgeabkommen zum Verbot klimaschädlicher Treibhausgase geeinigt. Der Kompromiss sei der größte Erfolg seit dem Ende des Pariser Klimagipfels von Ende 2015, teilte das Umweltprogramm der Uno am Wochenende in der Hauptstadt Kigali mit.

Ziel des Abkommens ist die schrittweise Abschaffung der in Kühlschränken und Klimaanlagen verwendeten Fluorkohlenwasserstoffe (FKW). Diese Chemikalien sind chlorfreie Ersatzstoffe der FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe). "Die Staatengemeinschaft hat sich im Kampf gegen den Klimawandel erneut als handlungsfähig erwiesen", sagte Hendricks. Wenn die Welt jetzt den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen schaffe, könne die drohende Erderwärmung um bis zu ein halbes Grad Celsius verringert werden. Das Bundesumweltministerium erwartet, dass durch das Abkommen weltweit Treibhausgase entfallen, die 65 Milliarden Tonnen CO{-2} entsprechen.

Die in Kigali getroffene Vereinbarung enthält nach der Erklärung zeitlich gestufte Verpflichtungen für Industrie- und Entwicklungsländer zur Reduktion von Produktion und Verbrauch von 17 teilfluorierten Kohlenwasserstoffen (HFKW). Für Industrieländer ist demnach von 2019 bis 2036 eine Verringerung um 85 Prozent vorgesehen, für die Entwicklungs- und Schwellenländer eine Reduktion um 80 beziehungsweise 85 Prozent im Zeitraum von 2024 bis 2047. Bei Erfüllung ihrer Verpflichtungen erhalten die Entwicklungsländer finanzielle Unterstützungen von den Industriestaaten.

US-Präsident Barack Obama sprach von einem "bedeutenden Beitrag" zum Kampf gegen den Klimawandel. Auch die Europäische Union wertete die Beschlüsse als wichtigen Erfolg. "Das ist ein großer Sieg für das Klima. Wir haben den ersten konkreten Schritt getan, um die Ankündigungen von Paris vom vergangenen Dezember zu erfüllen", sagte Klimakommissar Miguel Arias Cañete. Die Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch sprach von einem "Durchbruch im weltweiten Klimaschutz ". Auch andere Umweltorganisationen lobten das Abkommen.

Schon zuvor hatten sich zahlreiche Staaten dafür eingesetzt, den Einsatz der für das Klima hochschädlichen Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) zu verringern. Ende Juli hatten Vertreter aus 25 Ländern in Wien in einer Erklärung eine Nachbesserung des Montrealer Protokolls verlangt. In diesem hatten sich 1987 fast 200 Staaten zum Schutz der Ozonschicht auf ein Verbot der massenhaft als Treibgase, Kühlmittel oder für Schaumstoffe verwendeten FCKW geeinigt. Seit 1995 dürfen in Deutschland keine Kühlschränke mit dem Ozonkiller mehr hergestellt werden. Seit Jahren zeichnet sich aber ab, dass die FKW als Ersatzstoffe zwar die Ozonschicht nicht angreifen, aber massiv zur Klimaerwärmung beitragen.

Meinung:

Unerträgliche Selbstgewissheit

Von SZ-Redakteur Lothar Warscheid

Die selbsterklärten Klimaschützer sind wieder einmal klimaschädlich um die halbe Erde gereist, um die Welt zu retten. Diesmal ging es den Fluorkohlenwasserstoffen (FKW) und anderen Chemieverbindungen an den Kragen. Früher galten die artverwandten FCKW nicht nur als Klima-, sondern auch als Ozonkiller. Inzwischen ist das widerlegt. Die Ozonschicht wird offiziell nicht mehr von FCKW bedroht. Darin zeigt sich eine der Schwächen dieser Forschung. Das Klima ist eine so hochkomplexe Veranstaltung, dass es für endgültige Wahrheit ungeeignet ist. Doch die Klimapropheten strotzen vor einer Selbstgewissheit, die bisweilen unerträglich ist.

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