Klaus Bouillon nimmt Sparkassen ins Visier

Saarbrücken/St. Wendel. Die Spitzen der im Saar-Landtag vertretenen Parteien bekommen heute Post aus St. Wendel

Saarbrücken/St. Wendel. Die Spitzen der im Saar-Landtag vertretenen Parteien bekommen heute Post aus St. Wendel. Der Brief von Klaus Bouillon (62), seit 1983 Bürgermeister der Kreisstadt, birgt Zündstoff: Der CDU-Kommunalpolitiker weist Ministerpräsident Peter Müller (CDU), Wirtschaftsminister Christoph Hartmann (FDP), den Grünen-Landesvorsitzenden Hubert Ulrich sowie die Oppositionsführer Heiko Maas (SPD) und Oskar Lafontaine (Linke) darauf hin, dass nach seiner Ansicht die öffentlich-rechtlichen Sparkassen im Land, die den Kreisen und Kommunen gehören, "systematisch zum Selbstbedienungsladen" ausgebaut wurden. Bouillon nimmt die Einkommen der insgesamt 17 Vorstandsmitglieder bei den sieben saarländischen Sparkassen in Visier.Anlass für seine akribische Recherche war die Tatsache, dass die St. Wendeler Sparkasse ein neues Vorstandsmitglied bekommen soll. Bouillon selbst sitzt im Verwaltungsrat dieser kleinen Sparkasse. Den Mann, der für dieses Amt vorgesehen ist, hält der Rathauschef für "untadelig und über jeden Verdacht erhaben".

Die Besetzung der St. Wendeler Stelle war für den sportlichen Bürgermeister aber Grund, ganz genau in Paragrafen und Statuten des Sparkassengesetzes und entsprechender Regelungen zu blicken. Sein ernüchterndes Fazit: "Obwohl die Sparkassen auch heute noch Anstalten des öffentlichen Rechts sind, wurde systematisch von 1964 bis zum Jahr 2010 das geltende öffentliche Recht außer Kraft gesetzt." Demnach wurde zum 1. Januar 2006 zuletzt auch die Regelung über Höchstbeträge für Vorstandsbezüge storniert.

Und: Bouillons Parteifreund Franz-Josef Schumann, früherer Landrat in St. Wendel, unterschrieb als neuer Sparkassen-Präsident im April 2008 neue Gehalts-Empfehlungen für Vorstände, "natürlich - wie so oft - verbunden mit einer kräftigen Erhöhung".

Bouillon reklamiert in seinem Brandbrief an die Landespolitik, dringend "parteiübergreifend" ein so genanntes Transparenzgesetz für öffentlich-rechtliche Unternehmen auf den Weg zu bringen. Er nennt die Vorschriften, die in Nordrhein-Westfalen seit Jahresbeginn gelten, als beispielhaft. Dort müssen Vorstände ihre Gehälter veröffentlichen. Der CDU-Politiker spricht Klartext: "Angesichts der Tatsache, dass mittlerweile überzogene Gehaltssummen an die Vorstände bereits der kleinsten Sparkassen gezahlt werden, ist es höchste Zeit, dass hier im Interesse der Einkommensgerechtigkeit disziplinierend eingegriffen wird, dass Maßlosigkeit eingedämmt und angemessen, gerecht und fair bezahlt wird. Dies geht nur, wenn die Gehälter bis in die Präsidentenebene offen gelegt werden."

Was verdient der Vorstand einer kleinen Sparkasse? Das St. Wendeler Rathaus errechnet unter dem Strich einen Monatsbetrag von knapp 20 000 Euro, so viel wie auch die Bundeskanzlerin erhält. Minister, Staatssekretäre, Hochschulprofessoren oder leitende Beamte sind dagegen im Vergleich eher Geringverdiener.

Der Sparkassenverband hat - wie es das Gesetz vorsieht - entsprechende Empfehlungen für die Vorstands-Verträge festgeschrieben. Demnach bildet die Addition von Bilanzsumme der Bank, Kreditvolumen und dem Depotbestand der Kundenwertpapiere die Bemessungsgrundlage für das Jahresgrundgehalt. Liegt dieser Betrag zwischen einer und 2,5 Milliarden Euro, bedeutet dies ein maximales Grundgehalt von 135 000 Euro. Bei acht Milliarden Euro Bemessungsgrundlage ist der Höchstbetrag mit 180 000 Euro notiert. Zudem werden ruhegehaltsfähige Funktionszulagen für den Vorstandschef (plus 20 Prozent) und den Vizevorstand (plus zehn Prozent bei mehr als zwei Vorstandsmitgliedern) fällig. Und: Je nach dem Jahresergebnis der Sparkasse kann noch eine Erfolgs-Tantieme von bis zu 20 Prozent des Gehaltes gewährt werden. Zusätzlich kann eine Zulage für Vertriebsleistungen entsprechend der Provisionen, die Partner der Bank überweisen, gezahlt werden.

Bouillons Konsequenz aus dieser "sozialen Ungerechtigkeit": Er fordert die Landespolitik auf, das Sparkassengesetz zu ändern: Die Vorstandsgehälter sollen an die Bezüge im öffentlichen Dienst angepasst werden. Alle sonstigen Zahlungen wie Zulagen oder Tantiemen sollen ersatzlos gestrichen werden. Apropos Transparenz: Bouillon hat kein Problem damit, dass sein Monatsgehalt als Bürgermeister veröffentlicht wird: 7700 Euro brutto ist er dem Steuerzahler im Monat wert.

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