Keine Ruhe nach dem Sturm

Kritischer als es die Bundeswehr selbst getan hat, kann der von einem deutschen Oberst angeordnete Luftangriff in Afghanistan kaum analysiert werden. Der Feldjägerbericht, dessen Auftauchen vor einer Woche die Politik erschüttert hat, beschreibt detailliert Versäumnisse von Oberst Georg Klein, der in der Nacht zum 4

Kritischer als es die Bundeswehr selbst getan hat, kann der von einem deutschen Oberst angeordnete Luftangriff in Afghanistan kaum analysiert werden. Der Feldjägerbericht, dessen Auftauchen vor einer Woche die Politik erschüttert hat, beschreibt detailliert Versäumnisse von Oberst Georg Klein, der in der Nacht zum 4. September den Befehl zur Bombardierung zweier von Taliban gekaperter Tanklaster gab, bei der bis zu 142 Menschen starben.Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat von der Expertise nach eigenen Angaben am 25. November durch die "Bild"-Zeitung erfahren. Seither blieb in der Bundeswehr kaum ein Stein auf dem anderen. Vorläufiger Höhepunkt ist Guttenbergs Eingeständnis, dass er nach Prüfung eines geheimen Nato-Berichts am 6. November den Luftangriff fälschlicherweise als "militärisch angemessen" bezeichnet hat. Er begründet seine Korrektur damit, dass er den Feldjägerbericht nicht gekannt habe. Doch mit der Neubewertung tritt keine Ruhe ein. Denn nun wollen Abgeordnete wissen, warum Guttenberg die Dimension nicht schon durch den Nato-Bericht klar war. Immerhin seien die Angaben der Feldjäger in die mehr als 500 Seiten starken Analyse der Nato-geführten Afghanistan-Schutztruppe Isaf eingeflossen. Der Bericht der Feldjäger datiert vom 9. September. Darin heißt es: "Was unter der (. . .) beschriebenen (. . .) Gewissheit, dass bei einem Bombenabwurf keine zivilen Verluste zu erwarten sein werden, zu verstehen ist, ist in den Unterlagen nirgends erläutert." Weiter: "Die Klärung der (. . .) möglichen Versäumnisse hat besondere Bedeutung, da aufgrund der im PRT Kundus vorhandenen Aufklärungsergebnisse offensichtlich war, dass der Bombenabwurf zu zahlreichen Toten und Verletzten führen wird, ohne dass unmittelbar vor und nach dem Vorfall adäquat gehandelt wurde." PRT steht für Wiederaufbauteam. Der PRT-Kommandeur war Klein. Die Feldjäger beklagen, dass es offensichtlich "zeitnah zum Bombenabwurf keinerlei Maßnahmen der PRT-Führung" zur schnellen eigenen Beweissicherung am Ort gegeben habe und dadurch eine "frühzeitige und möglichst objektive Information der militärischen und politischen Entscheidungsträger in Deutschland (. . .) und der Öffentlichkeit" verhindert worden sei. Das alles ist intern in der Bundeswehr 18 Tage vor der Bundestagswahl bekannt. Die Öffentlichkeit erfährt es nicht mehr vor der Wahl. Zugleich enthält der Bericht möglicherweise für Klein entlastende Hinweise. So schreibt General Vollmer noch am 4. September von einer "eindeutigen Gefahrenabwehr", weil die Taliban schon Benzin aus den Tanklastern abgezapft und in Autos umgeladen hätten, die als "fahrende Bomben" eingeschätzt wurden. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan soll den brisanten Bericht früh gekannt und dem damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) nach dessen Angaben Anfang Oktober zur Weiterleitung an die Nato empfohlen haben. Was Jung tat - ohne den Inhalt zu lesen. Allerdings hätte ihn in erster Linie sein Staatssekretär Peter Wichert über den Bericht aufklären müssen. Wie Schneiderhan wurde auch Wichert inzwischen entlassen. Meinung

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes

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