Keine Luxusreisen oder große Geschenke für die Kommissare

Brüssel. Den Urlaub vor fünf Jahren wird José Manuel Barroso nicht so schnell vergessen. Kaum hatte der frisch gewählte Kommissionspräsident 2004 die Luxusyacht seines langjährigen Freundes, des griechischen Reeders Spiro Latsis, verlassen, flogen ihm in Brüssel auch schon Vorwürfe um die Ohren, er habe gegen die Unabhängigkeit eines Kommissionsmitglieds verstoßen

Brüssel. Den Urlaub vor fünf Jahren wird José Manuel Barroso nicht so schnell vergessen. Kaum hatte der frisch gewählte Kommissionspräsident 2004 die Luxusyacht seines langjährigen Freundes, des griechischen Reeders Spiro Latsis, verlassen, flogen ihm in Brüssel auch schon Vorwürfe um die Ohren, er habe gegen die Unabhängigkeit eines Kommissionsmitglieds verstoßen. Nicht anders erging es damals Peter Mandelson, der in Barrosos neuem Team für Handelspolitik zuständig werden sollte. Er hatte eine Ferien-Einladung des Investors Nathaniel Rothschild angenommen. Folgen hatten beide Affären nicht. Das soll sich jetzt ändern, fordert das neue Europäische Parlament. Grundlage ist eine Studie über die derzeitigen Benimm-Regeln der Kommissare, in denen nicht nur die Annahme von Gunsterweisen und Geschenken, sondern auch die Unabhängigkeit des EU-Gremiums vom Einfluss durch Lobbyisten geregelt ist. Sie war 1999 erlassen worden, als das Straßburger Plenum nach beispiellosen Enthüllungen über grassierende Vetternwirtschaft die Kommission Jacques Santer zum Rücktritt gezwungen hatte. Die bislang gültige Fassung des Verhaltenskodex sei in ihrer Wirkung "beschränkt", heißt es in der über 100-seitigen Untersuchung. Mehr noch: Viele "relevanten Aspekte" würden nicht abgedeckt, außerdem fehle es am "Willen zur Reform". Im Haushaltskontrollausschuss des Parlamentes sieht man das genauso: "Die Kommission blockt jede Veränderung ab." Dabei sei der Kodex verglichen mit Institutionen wie der Weltbank oder den Vereinten Nationen zu "lasch". Die CDU-Europa-Abgeordnete Ingrid Gräßle gehört deshalb zu den Mandatsträgern, die von Barroso vor einer Wiederwahl die Zusage einfordern, die Verhaltensregeln zu verschärfen. Bislang sind die Kommissare nämlich beispielsweise nicht verpflichtet, die Angaben zu ihrer finanziellen Situation regelmäßig zu aktualisieren. Sie müssen zwar ihr Eigentum genau benennen, nicht aber, bei wem sie möglicherweise Schulden haben. Fazit der Studie: Eventuelle Interessenkonflikte könnten gar nicht herausgefunden werden, weil zu viele Angaben fehlen. Auch die vorgeschriebene Wartezeit, die ein Ex-Kommissar verstreichen lassen muss, ehe er wieder in einem Bereich arbeiten darf, für den er in der Brüsseler Exekutive zuständig war, sei mit einem Jahr viel zu gering. Als Defizit gilt darüber hinaus, dass der Kodex zwar die Beschäftigung von Ehefrauen, nicht aber einer Geliebten, Freundin oder von Kindern ausschließe. Geschenke ab einem Wert von 150 Euro sind zwar beim EU-Protokollservice abzugeben. Das bezieht sich aber lediglich auf Bilder oder Krawattennadeln. Urlaubs-Einladungen sind davon nicht berührt. Im Europäischen Parlament will man nun erreichen, dass die neue Kommission einem unabhängigen Gremium zur Selbstkontrolle zustimmt. Unklar ist allerdings noch, was das bringen soll: Im Verhaltenskodex für die 27 Kommissare fehlen nämlich bisher Möglichkeiten, bei Missbrauch spürbare Sanktionen gegen einen Sünder erlassen zu können.

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