Kein Verzicht auf Landminen

Wenn sich am kommenden Sonntag Vertreter aus mehr als 100 Ländern in Kolumbien zur Internationalen Landminen-Konferenz treffen, sitzen die Amerikaner am Katz-entisch. "Wir werden Beobachter sein, weil wir das Abkommen nicht unterzeichnet haben", erklärt der Sprecher des Außenministeriums, Ian Kelly. Immerhin. Frühere US-Regierungen schickten nicht einmal Beobachter zu dem Treffen

Wenn sich am kommenden Sonntag Vertreter aus mehr als 100 Ländern in Kolumbien zur Internationalen Landminen-Konferenz treffen, sitzen die Amerikaner am Katz-entisch. "Wir werden Beobachter sein, weil wir das Abkommen nicht unterzeichnet haben", erklärt der Sprecher des Außenministeriums, Ian Kelly. Immerhin. Frühere US-Regierungen schickten nicht einmal Beobachter zu dem Treffen. Unverändert halten die USA dagegen an der Weigerung fest, dem vor zehn Jahren vereinbarten Landminen-Bann beizutreten. "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir weder unsere nationalen Verteidigungsanforderungen noch unsere Sicherheitsverpflichtungen gegenüber unseren Freunden und Alliierten erfüllen können, wenn wir dieses Abkommen unterzeichnen", erläutert Kelly das Ergebnis einer internen Überprüfung der bisherigen US-Politik. "Das ist eine verpasste Chance", wettert der einflussreiche US-Senator Patrick Leahy über die Entscheidung des Außenministeriums. "Statt Führungsstärke unter Beweis zu stellen, verbünden wir uns mit China und Russland und halten Fortschritte auf." Der Demokrat Leahy gehört im US-Kongress zu den lautstärksten Befürwortern einer neuen Landminen-Politik, die die USA in Einklang mit ihren Nato-Verbündeten brächte. Alle übrigen Nato-Staaten und 156 Staaten insgesamt haben das Abkommen unterzeichnet. Während die US-Regierung nicht auf die Details der Entscheidung einging, erklären Sicherheitsanalysten die Haltung der USA mit der besonderen Situation im geteilten Korea. Wegen der unmittelbaren Bedrohung durch Landstreitkräfte des Nordens wollten die US-Streitkräfte den Gebrauch der Minen nicht ausschließen, um im Krisenfall einen Vormarsch aufhalten zu können. Obwohl die USA das Abkommen nicht unterzeichnet haben, halten sie sich seit Ende des ersten Golfkriegs an die wesentlichen Bestimmungen. Dazu gehören der Verzicht auf den Einsatz, den Export (1992) und die Herstellung (1997) der Minen. Gleichzeitig sind die Amerikaner mit 1,3 Milliarden US-Dollar der größte Geldgeber für humanitäre Projekte, die darauf abzielen, die heimtückischen Waffen aus früheren Kriegsgebieten zu entfernen. Nicht im Einklang mit dem Bann steht die Einlagerung von zehn Millionen Anti-Personenminen und die Weigerung, grundsätzlich von ihrem Einsatz abzusehen. Der Direktor der Landminen-Kampagne der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch", Steve Goose, bleibt optimistisch, dass die Entscheidung des Außenministeriums keine endgültige ist. "Dass sie überhaupt zu der Konferenz kommen, zeigt, dass Dinge in Bewegung gekommen sind." Möglich sei eine Absichtserklärung der USA in Cartegena, zu einem späteren Zeitpunkt beizutreten. Goose: "Wir hoffen nicht, dass sie mit leeren Händen anreisen." Im vergangenen Jahr kamen durch Landminen nach Angaben der "International Campaign to Ban Landmines", die für ihre Arbeit mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, 5197 Menschen ums Leben. Die meisten außerhalb kriegerischer Handlungen und ein Drittel davon Kinder. Meinung

Erheblicher Image-Schaden

Von SZ-KorrespondentThomas Spang In fast allen Punkten halten sich die USA bereits an den internationalen Bann von Landminen. Umso unverständlicher bleibt, warum sie nicht auch den letzten konsequenten Schritt tun und dem Anti-Minen-Abkommen beitreten. Der einzige Ort, wo Minen militärisch relevant bleiben, ist die koreanische Halbinsel. Entsprechend groß dürfte der Druck der US-Militärs sein, auf diese Option nicht einseitig zu verzichten. Präsident Obama muss sich von diesem Einfluss frei machen. Das jetzige "Nein" zum Landminen-Bann dürfte nicht das letzte Wort sein. Bleibt zu hoffen, dass Obama im zweiten Anlauf das Richtige tut. Zumal die Amerikaner diese heimtückischen Waffen nirgendwo einsetzen dürfen, wo sie an der Seite von Nato-Partnern kämpfen. Der strategische Wert der Minen tendiert damit gegen Null, während sie dem Image der Supermacht erheblich schaden.

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