Kein Geld mehr für Homöopathie?

Berlin. Gerade erst hat die Regierung Beitragserhöhungen für die Krankenversicherten verkündet. Nun wird auch noch über Kürzungen bei den Kassenleistungen diskutiert. In Union und FDP zeigte man sich gestern offen für einen Vorstoß der Sozialdemokraten, die Bezahlung von homöopathischen Behandlungen zu streichen. Auslöser des Wirbels ist SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach

 Eltern greifen zur Behandlung kranker Kinder gerne auf homöopathische Arznei zurück.Foto: dpa

Eltern greifen zur Behandlung kranker Kinder gerne auf homöopathische Arznei zurück.Foto: dpa

Berlin. Gerade erst hat die Regierung Beitragserhöhungen für die Krankenversicherten verkündet. Nun wird auch noch über Kürzungen bei den Kassenleistungen diskutiert. In Union und FDP zeigte man sich gestern offen für einen Vorstoß der Sozialdemokraten, die Bezahlung von homöopathischen Behandlungen zu streichen. Auslöser des Wirbels ist SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Ihm geht es allerdings weniger um die Kosten, sondern um den zweifelhaften Nutzen der Alternativmedizin. "Wenn die Krankenkassen für Homöopathie zahlen, und damit für etwas, was gar nicht wirkt, dann ist das eine gefährliche Form der Verschwendung", sagte Lauterbach der SZ. Der Patient werde getäuscht. Deshalb solle den Kassen die Bezahlung der Homöopathie verboten werden.

Bei besagter Behandlungsmethode bekommen Kranke bestimmte Mittel in hoher Verdünnung verabreicht, die in größerer Konzentration bei Gesunden ähnliche Krankheitserscheinungen hervorrufen. Hat ein Patient zum Beispiel Fieber, wird ein Mittel verwendet, das bei Gesunden Fieber auslöst. Wissenschaftliche Belege für einen nachweisbaren Nutzen dieser Therapie gibt es nicht. Trotzdem schwören viele Menschen darauf.

Die stellvertretende Vorsitzende der saarländischen SPD-Landtagsfraktion, Cornelia Hoffmann-Bethscheider, sprach sich dafür aus, die Kostenübernahme für Homöopathie zu erhalten. "Das große Plus bei der Homöopathie ist, dass es hier keine unerwünschten Nebenwirkungen gibt. Dies macht Naturheilmethoden auch besonders für kleine Kinder interessant", sagte sie.

Erstaunlich an Lauterbachs Vorstoß ist, dass seine Partei selbst mit dafür gesorgt hat, die Homöopathie als Kassenleistung salonfähig zu machen. Seit dem 1. April 2007, also noch zu Zeiten der großen Koalition, dürfen die gesetzlichen Krankenkassen entsprechende Wahltarife anbieten.

Versicherte zahlen für Arznei

Gesetzlich Versicherte können sich aber auch über eine private Zusatzversicherung oder eine so genannte integrierte Versorgung ihre alternative Behandlung erstatten lassen. Bei der integrierten Versorgung schließt die Krankenkasse Verträge mit einzelnen Ärzten ab, die über eine erforderliche Zusatz-Qualifikation für Homöopathie verfügen. Nach Angaben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen haben rund 100 der insgesamt 163 Kassen entsprechende Kontrakte abgeschlossen.

In der Vergangenheit hatten sich insbesondere die Grünen für eine Aufwertung der Homöopathie stark gemacht. "Tatsache ist, dass eine Nachfrage besteht, weil die Menschen Heilungserfolge sehen", sagte ihre Gesundheitsfachfrau Biggi Bender der SZ. Daher solle die Therapievielfalt erhalten bleiben. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast verwies darauf, dass die Kosten für Homöopathie gemessen an den Aufwendungen für die Schulmedizin gering sind. Tatsächlich decken die Kassen in aller Regel nur die ärztlichen Behandlungskosten ab, denn seit 2004 müssen die Versicherten rezeptfreie Medikamente grundsätzlich selbst bezahlen. Und darunter fallen auch die allermeisten Naturheilmittel. Nach Angaben des Magazins "Der Spiegel" betrug der Umsatz mit homöopathischen Mitteln im Jahr 2005 in Deutschland knapp 268 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2005 gaben die gesetzlichen Kassen 23,4 Milliarden Euro für Medikamente aus.

Vom Gesundheitsexperten der CDU, Jens Spahn, wurde Lauterbachs Forderung gestern unterstützt. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will dagegen an der Kostenübernahme festhalten. "Grundsätzlich spricht nichts gegen Wahltarife, auch nicht bei der Homöopathie", sagte er. "Wenn eine Krankenkasse diesen Weg geht, kann und sollte ihr das nicht verwehrt werden."

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