Kehrtwende oder Ping-Pong-Spiel?

Wien. Die Kehrtwende des Irans im Atomstreit mit den Weltmächten löst in den meisten Ländern eher leichtes Stirnrunzeln denn Enthusiasmus aus. Zu überraschend kam am Dienstag die Ankündigung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, nun doch niedrig angereichertes Uran zur weiteren Anreicherung ins Ausland zu geben

Wien. Die Kehrtwende des Irans im Atomstreit mit den Weltmächten löst in den meisten Ländern eher leichtes Stirnrunzeln denn Enthusiasmus aus. Zu überraschend kam am Dienstag die Ankündigung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, nun doch niedrig angereichertes Uran zur weiteren Anreicherung ins Ausland zu geben.

Zu sehr glich die iranische Außenpolitik in der Vergangenheit einem Ping-Pong-Spiel statt einer echten Deeskalations-Strategie. Auf klangvolle Beteuerungen des islamischen Landes gibt deshalb kaum noch ein politischer Beobachter oder Diplomat etwas. "Wir wollen Taten sehen", hieß es deshalb unter anderem von Deutschland, das sich gleichzeitig gesprächsbereit gab.

Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien - unter deren Federführung der Atomdeal zwischen den Weltmächten und dem Iran ablaufen soll - hielt sich bedeckt. Offiziell war keine Reaktion zur Ahmadinedschad-Ankündigung zu erhalten. Man habe großes Interesse an einem Zustandekommen des Deals und wolle ihn nicht durch Diskussionen in der Öffentlichkeit gefährden, hieß es aus Kreisen. Denn eigentlich hatten die Weltmächte eine Einigung bereits abgeschrieben. Zu lange hatte die Regierung in Teheran sie hingehalten und negative Signale gesendet.

Auch nach der Ahmadinedschad-Kehrtwende hält sich die Hoffnung auf eine Entspannung der Situation in Grenzen. "Ich fürchte, dass er damit lediglich auf Zeit spielt und neue Sanktionen verhindern will", sagt der Abrüstungsexperte Mark Fitzpatrick vom International Institute for Strategic Studies in London. Zu häufig hat die Regierung in Teheran etwas gesagt, was sie dann wieder zurücknahm oder als falsch ausgelegt ansah. Für einen westlichen Diplomaten in Wien ist die Ankündigung nicht eine Kehrtwende, sondern eher "ein Viertel eines Schrittes."

Zudem akzeptierte der iranische Präsident zwar einen Export iranischen Urans ins Ausland, ließ aber entscheidende Details wie die Menge offen. Von der Bereitschaft zu einem konkreten Deal sei es noch ein weiter Weg, sagt der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, Volker Perthes. Für die Experten kann hinter der Ahmadinedschad-Ankündigung auch der Versuch einer Stärkung des zuletzt durch Proteste angeschlagenen Präsidenten im Land stecken. Ahmadinedschad habe viel Legitimität verloren: "Innenpolitisch ließe sich ein Abkommen mit der IAEA zweifellos als Erfolg verkaufen", sagt Perthes.

Kommt trotz allen "Wenns und Abers" eine Einigung zustande, wäre dies eine erste Annäherung des Irans mit den Weltmächten. "Das könnte ein Minimalvertrauen wieder herstellen, dass in den vergangenen Jahren verloren gegangen ist", sagt Perthes. Der Atomstreit mit dem Iran -der sich unter anderem auch um die niedrige Urananreicherung im Land dreht - ist aber selbst damit noch lange nicht gelöst.

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