Karriere und Krisen gemeistert – dank der Saarländer

Eines vorweg: Ich bin Saarlandbotschafterin aus Überzeugung. 2003 kam ich aus Hamburg ins Saarland - und habe sehr schnell tatkräftige Unterstützung erfahren. Ich wurde mit offenen Armen empfangen und habe die Menschen hier schätzen gelernt. Hier konnte ich meinen Traum verwirklichen und professionelle Weitspringerin werden. Ohne die Rahmenbedingungen am Olympiastützpunkt in Saarbrücken hätte ich das nie geschafft. Was die wenigsten wissen: Die Infrastruktur dort oben im Stadtwald sucht deutschland- und vielleicht auch europaweit ihresgleichen. Ich habe sehr schnell Fuß gefasst im Saarland und erlebte schon 2007 das mit Abstand erfolgreichste Jahr meiner Karriere : Ich hatte mich nach meiner Babypause in kürzester Zeit an die Weltspitze herangekämpft. Mein persönliches Highlight war der fünfte Platz bei der WM in Osaka, Japan. Hinter drei Russinnen. Und damals schon gab es hartnäckige Gerüchte über Doping . Wenn ich mir die Enthüllun gen in diesem Sommer dazu anschaue, dann bekommen die Gerüchte von damals ein ganz neues Gewicht. Das macht mir bis heute zu schaffen, weil ich der Auffassung bin: Jeder soll mit gleichen Bedingungen starten können. Doping ist Betrug.

Wie dicht Himmel und Hölle beisammen sind, habe ich nur ein Jahr später erfahren müssen. 2008 war das schwärzeste in meiner Karriere . Ich war schon für Olympia qualifiziert - und riss mir in der Vorbereitung die Achillessehne. Es machte "Knall" - und ich stand vor dem Nichts. Als Mutter. Anders als heute hatte ich damals noch kein zweites Standbein. Zu allem Überfluss sprangen noch einige Sponsoren ab. In dieser Situation hat sich gezeigt, wer zu einem steht. Ich bin heute noch meiner Familie, meinem Trainer Ulli Knapp und den Menschen beim LC Rehlingen für ihre Rückendeckung bei meinem Comeback dankbar. Das war nicht selbstverständlich.

Dieser Zusammenhalt - das scheint ein besonderer Charakterzug der Saarländer zu sein. Das ist mir auch beim Bergbau-Ausstieg 2012, vier Jahre nach dem verheerdenden Grubenbeben, und auch bei der Flüchtlingskrise aufgefallen. Das Saarland darf stolz darauf sein, dass es diese Krisen so gut gemeistert hat. Ich werde von Freunden, die außerhalb des Landes leben, oft darauf angesprochen. Die Herzlichkeit der Menschen hierzulande ist einer der Gründe, warum ich meinen Umzug nie bereut habe, weiterhin hier lebe und als Protokollchefin in der Staatskanzlei unter Annegret Kramp-Karrenbauer , die 2011 erste Saar-Ministerpräsidentin wurde, arbeite. Für mich war deshalb auch klar, dass ich meine sportliche Karriere dort beenden werde, wo sie so richtig begonnen hatte - im Saarland. Ich erinnere mich noch gut an den Tag: der 6. Juli 2014 im Dillinger Parkstadion. Bei meinem letzten Sprung standen meine Konkurrentinnen in Reihe an der Sprunggrube. Ich bin mit Tränen in den Augen gesprungen und werde den Moment nie vergessen. Danke dafür.

Bianca Kappler , Ex-Weltklasse-Leichtathletin des LC Rehlingen , Protokollchefin der Staatskanzlei

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