Kanzlerin Merkel will Mindestlohn korrigieren

Berlin · Knatsch in der Koalition: Der Mindestlohn von 8,50 Euro ist gerade erst ins Gesetzbuch gekommen, da ruft die Union schon wieder nach Korrekturen zum Schutz der Wirtschaft. Die SPD reagiert verärgert.

Der Wirtschaftsflügel der Union hat das Thema schon länger im Visier: Viel zu bürokratisch seien die Bestimmungen zur Einhaltung des Mindestlohns. Diese Einschätzung wird nun offenbar auch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) geteilt. Bei einem öffentlichen Auftritt in Greifswald stellte sie jetzt Korrekturen in Aussicht. "Denn wir wollen kleineren Unternehmen das Leben nicht zu einer dauerhaften bürokratischen Herausforderung machen", sagte Merkel. Dabei war Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD ) den koalitionsinternen Kritikern noch bis zuletzt entgegengekommen. Unmittelbar vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar hatte die Sozialdemokratin den Kreis der Beschäftigten, für den Firmen die Arbeitszeit genau dokumentieren müssen, verkleinert. Er umfasst nur noch Einkommen bis 3000 statt wie geplant bis 4500 Euro monatlich. Doch der Chef des "Parlamentskreises Mittelstand" der CDU , Christian von Stetten, fordert jetzt, die Einkommenshöhe für die Dokumentationspflicht weiter auf 1900 Euro abzusenken und sie für Minijobber (maximal 450 Euro im Monat) sogar komplett zu streichen. Auch die Mittelstandsvereinigung der CDU im Saarland forderte gestern eine völlige Überarbeitung des Gesetzes. Bei der SPD ist man stocksauer über die nun auch von Merkel befeuerte Debatte. "Es gibt keinen Veränderungsbedarf", sagte die für Arbeit und Soziales zuständige Fraktions-Vize Carola Reimann der SZ. "Ich habe den Eindruck, dass manche den Mindestlohn unkontrollierbar machen wollen."

Auch beim DGB ist man alarmiert. "Eine Einschränkung der Dokumentationspflicht wäre kein Abbau von Bürokratie , sondern ein Spiel mit dem Feuer", sagte Vorstandsmitglied Stefan Körzell der SZ. So müssten gerade die Minijobber darauf vertrauen können, dass der Mindestlohn gezahlt wird. Betroffene berichteten, dass ihnen Verträge mit reduzierter Stundenzahl vorgelegt würden, obwohl die Arbeit im alten Umfang erwartet werde.

Ungemach droht derweil auch von der EU: Die Kommission prüft die deutsche Praxis, den Mindestlohn auch für ausländische Lkw-Fahrer, die auf Transit-Tour durch Deutschland sind, durchzusetzen. > Siehe auch

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