Kann der „Euro-Hawk“ doch noch gerettet werden?

Berlin · War der ganze Wirbel um den „Euro-Hawk“ unnötig? Die Hersteller bestreiten, dass das Verfahren für eine Zulassung der Drohne im deutschen Luftraum bis zu 600 Millionen Euro koste. Dies wurde als Grund für den Stopp des Projekts genannt.

Die Liste der Fragen, die Verteidigungsminister Thomas de Maizière nächste Woche im Verteidigungsausschuss zum Scheitern des Rüstungsprojekts "Euro-Hawk" beantworten muss, wird immer länger. Jetzt kommt eine überraschende dazu: War die ganze Affäre unnötig? Musste die Beschaffung der Aufklärungsdrohnen gar nicht gestoppt werden? Sind die ausgegebenen 500 Millionen Euro noch zu retten? Das behaupten die Hersteller.

Der US-Konzern Northrop und die europäische EADS erklärten, es treffe gar nicht zu, dass das Verfahren für eine Zulassung der Maschinen im deutschen Luftraum 500 bis 600 Millionen koste. Diese hohen Zusatzkosten hatte das Ministerium als Grund für den Stopp des Projektes genannt. Der zusätzliche Aufwand betrage nur 200 Millionen Euro, meinten die beiden Unternehmen. Zudem könnten die laufenden Tests an der schon gekauften Maschine mit einer vorläufigen Verkehrszulassung weitergehen. Und einen Kollisionsschutz brauche der Euro-Hawk auch nicht, da er weit oberhalb des zivilen Luftraums fliege. Ursprünglich hatte Deutschland fünf Maschinen für insgesamt 1,2 Milliarden Euro kaufen wollen. Da das Projekt vorzeitig gestoppt wurde, bleibt der Bundeshaushalt und damit der Steuerzahler nun auf rund 500 Millionen Euro sinnloser Ausgaben sitzen.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold reagierte erstaunt. "Es tauchen immer mehr Ungereimtheiten auf", sagte Arnold unserer Zeitung. "Bei mir wachsen die Zweifel, ob dieser Minister fähig ist, ein so großes Projekt zu steuern." Im Verteidigungsministerium verwies man auf die Ausschusssitzung in der nächsten Woche. De Maizière werde dort umfassend Stellung nehme.

Die FDP-Wehrexpertin Elke Hoff äußerte allerdings die Vermutung, die Unternehmen wollten bloß ihren Auftrag retten. "Das ist nachvollziehbar, denn es handelt sich hier um einen dicken Fisch an der Angel", so Hoff auf Anfrage. Die beiden Konzerne müssten aber darlegen, warum selbst die US-Regierung der Testmaschine bei der Überführung nach Deutschland Ende 2011 keine Überfluggenehmigung erteilt habe und wie es passieren konnte, dass die Bodenmannschaften damals mutmaßlich mehrfach den Kontakt und die Kontrolle über das tonnenschwere Gerät verloren hätten. Der europäische Luftraum sei stark frequentiert, hier müssten höchste Sicherheitsstandards gelten, meinte die FDP-Politikerin. Allerdings seien nun unterschiedliche Zahlen über die zusätzlichen Kosten für das Zulassungsverfahren in der Welt. "Ich gehe davon aus, dass der Minister nächste Woche im Ausschuss selbstverständlich darlegen wird, warum sein Haus zu dem Schluss kam, dass die Zulassung zu teuer wird und deshalb die Reißleine gezogen hat", sagte Hoff.

An seinen Plänen für die Beschaffung von Kampfdrohnen für die Auslandseinsätze hält de Maizière trotz der Affäre fest. Er hatte sie vor einigen Monaten als "ethisch neutrale Waffe" bezeichnet. Heute berät das Bundeskabinett über die Antwort auf eine Große Anfrage der SPD vom letzten Oktober. Laut dem Entwurf, der der SZ vorliegt, soll es eine "Obergrenze" von 16 Kampfdrohnen geben. Fünf davon sollen schon bis 2016 verfügbar sein und nachträglich bewaffnet werden können. Infrage kämen Drohnen vom US-Typ "Predator" oder der israelische "Heron". Allerdings sollen konkrete Beschaffungsanträge dem Bundestag erst nach der Wahl vorgelegt werden, heißt es in dem Text. De Maizières Koalitionspartner FDP ist laut Hoff zwar grundsätzlich offen für diese Technologie. Vor einer Festlegung über Stückzahlen und Bewaffnung müsse es jedoch "eine glasklare sicherheitspolitische Begründung für die Einsatzfälle" geben und ebenso ein klares Ausschließen beispielsweise von gezielten Tötungen mithilfe der Drohnen, verlangte Hoff.

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