Kampf um die Wahrheit im Fall Jalloh

Karlsruhe. Der rätselhafte Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle vor fünf Jahren löste Entrüstung und Proteste aus. Bis heute sind die Umstände des Todesfalles ungeklärt. Aber seit einem höchstrichterlichen Urteil von gestern schöpfen die Hinterbliebenen des Mannes aus Sierra Leone neue Hoffnung, dass doch noch Licht in das Dunkel kommt

Karlsruhe. Der rätselhafte Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle vor fünf Jahren löste Entrüstung und Proteste aus. Bis heute sind die Umstände des Todesfalles ungeklärt. Aber seit einem höchstrichterlichen Urteil von gestern schöpfen die Hinterbliebenen des Mannes aus Sierra Leone neue Hoffnung, dass doch noch Licht in das Dunkel kommt. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe muss das Verfahren gegen einen beteiligten Polizisten neu aufgerollt werden. Der Beamte war im Dezember 2008 vom Landgericht Dessau freigesprochen worden. Was genau auf der Polizeiwache in Dessau am 7. Januar 2005 geschah, ist immer noch größtenteils ungeklärt. Polizisten hatten Jalloh auf der Straße aufgegriffen, weil sich zwei Frauen von dem angetrunkenen Westafrikaner belästigt gefühlt hatten. In der Ausnüchterungszelle wurde Jalloh an die Wand gekettet - später ging die Matratze in seiner Zelle in Flammen auf, Jalloh starb innerhalb weniger Minuten in den Flammen. Ob er das Feuer legte und warum der angeklagte Polizist Andreas Sch. ihm nicht sofort zur Hilfe kam - "wir wissen es nicht", sagte die Vorsitzende Richterin am BGH, Ingeborg Tepperwien. Zu viele Fragen seien ungeklärt, der vom Gericht geschilderte Hergang "nur schwer nachvollziehbar". Jalloh soll demnach mit einer Hand und einem Fuß an die Wand gekettet worden sein. Dann habe er in der gefesselten Hand ein nach unten gerichtetes Feuerzeug gehalten und damit zunächst den feuerfesten Überzug seiner Matratze aufgeschmolzen, um schließlich den Schaumstoffkern zu entzünden. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass Jalloh dies getan habe. Doch Zweifel äußerte die Vorsitzende an der Version, dass Jalloh trotz starker Brandschmerzen an der Hand ohne Schmerzenslaute und Hilferufe während des zwei Minuten andauernden Todeskampfes an Brandgasen erstickt sein soll. Nun soll das Landgericht in Magdeburg die Umstände des Feuertodes erneut rekonstruieren. Eine Schlüsselrolle wird dabei die Frage spielen, ab wann der Rauchmelder in der Zelle anspringt und ob der angeklagte Polizist danach Jallohs Tod noch hätte verhindern können.

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