Deutlich höhere Sätze Kabinett treibt Bafög-Reform voran

Berlin · Immer weniger Studierende und Schüler bekommen Bafög. Das soll sich durch ein neues Gesetz ändern. Allerdings muss der Bundestag noch zustimmen – und dort gibt es Zweifel.

 B afög ist für viele in Deutschland elementar, um an einer Hochschule studieren zu können.

B afög ist für viele in Deutschland elementar, um an einer Hochschule studieren zu können.

Foto: dpa/Uwe Zucchi

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) peilt eine „Trendumkehr“ an: Nachdem die Zahl der Bafög-Empfänger in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken ist, sollen künftig wieder mehr Studenten und Schüler in den Genuss staatlicher Ausbildungsförderung kommen. Und jeder Einzelne soll zudem mehr Geld als bisher erhalten. Dafür will die Regierung allein in dieser Wahlperiode mehr als 1,2 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben. Das sind die Hauptziele der Bafög-Novelle, die das Kabinett gestern auf den Weg gebracht hat.

Das letzte Wort hat allerdings der Bundestag – und wenn es nach der Opposition geht, sollte das Parlament den Gesetzentwurf noch einmal grundlegend überarbeiten. AfD, FDP, Linke und Grüne haben nämlich erhebliche Zweifel, dass die angestrebte Trendwende durch Karliczeks Reformpläne tatsächlich erreicht werden kann. „Unter dem Strich wird ein Minus bei den Gefördertenzahlen bleiben“, prognostiziert Kai Gehring von den Grünen. Auch die Bildungsgewerkschaft GEW fordert gründliche Nachbesserungen, „damit die Bafög-Novelle kein Reförmchen bleibt, sondern eine echte Reform wird“.

Nach den bisherigen Plänen soll der Förderhöchstbetrag in zwei Stufen von 735 auf 861 Euro steigen – „ein sattes Plus von 17 Prozent“, wie Karliczek betont. Der Wohnzuschlag für Studenten, die nicht mehr bei den Eltern leben, steigt von 250 auf 325 Euro. Nicole Gohlke von der Linken bemängelt allerdings, dass die Anhebung der Fördersätze „gerade einmal den Kaufkraftverlust seit der letzten Bafög-Novelle ausgleicht“. Zudem stiegen die Mieten in den großen Hochschulstädten schneller als die Wohnpauschale. „Studierende mit wenig Geld werden so auf Balkone oder in die Provinz abgedrängt.“

Neben einer Erhöhung der Fördersätze soll auch der Kreis der Bafög-Empfänger größer werden. Der Gesetzentwurf sieht deshalb höhere Freibeträge für das Einkommen der Eltern vor – diese sind nämlich entscheidend für die Bafög-Berechtigung der Kindern. FDP-Politiker Jens Brandenburg möchte dieses System jedoch grundlegend umkrempeln und wirbt für ein elternunabhängiges Bafög: „Die persönlichen Aufstiegschancen junger Menschen müssen unabhängig von der Unterstützungskraft oder dem Unterstützungswillen der Eltern sein.“

Ein Teil von Karliczeks Reformpaket betrifft auch die Rückzahlung des Bafög. Die Fördersumme für ein Studium wird nämlich grundsätzlich zur Hälfte nur als Darlehen gewährt. Doch wer die Summe auch nach 20 Jahren nicht komplett zurückzahlen sollte, dem wird seine Restschuld erlassen. Niemand solle aus Angst vor der Verschuldung auf ein Studium verzichten, erklärt Karliczek. Doch auch hier sieht die Opposition Verbesserungsbedarf. So wirbt der AfD-Abgeordnete Götz Frömming dafür, gute Leistungen im Studium dadurch zu belohnen, dass der Staat auf einen Teil der Rückzahlungssumme verzichtet.

Ob die erhoffte Trendwende bei den Bafög-Empfängern eintritt oder die Skeptiker Recht behalten, dürfte sich schon bald zeigen. Die Neuerungen sollen bereits in der zweiten Jahreshälfte gelten, wenn an den Hochschulen das Wintersemester beginnt.

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