Jetzt wird Trump zum „Wahlkampf-Hit“

Berlin · Berlin schießt sich auf den Amerikaner ein – nutzt es Merkel oder Schulz?

 Begegnung der unheimlichen Art: Donald Trump und Angela Merkel am Wochenende beim G7-Treffen in Taormina auf Sizilien. Foto: dpa/Kappeler

Begegnung der unheimlichen Art: Donald Trump und Angela Merkel am Wochenende beim G7-Treffen in Taormina auf Sizilien. Foto: dpa/Kappeler

Foto: dpa/Kappeler

Innenpolitische Themen sind in den Hintergrund gerückt. Momentan dreht sich beim Kampf ums Kanzleramt fast alles um die Außenpolitik, um das Verhältnis zu den USA. Als erste öffnete am Sonntag Angela Merkel mit ihrer Bierzeltrede die Schleusen: "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei." Rums, das saß.

Am Montagabend, beim Fest der SPD-Parteizeitung "Vorwärts", legte Martin Schulz nach: Es sei "das Gebot der Stunde, sich diesem Mann mit allem, was wir vertreten, in den Weg zu stellen". Vor ihm hatte schon Sigmar Gabriel an der Anti-Trump-Schraube gedreht: Er sprach von einem "Ausfall der Vereinigten Staaten als wichtige Nation". Ist dem so? Fakt ist zumindest, dass Donald Trump völlig anders ist als sein Vorgänger. In Deutschland ist er nicht sonderlich beliebt. Auch deshalb scheint es für die Strategen der Parteien verlockend zu sein, die Anti-Stimmung im Wahlkampf zu nutzen. Wie man das perfekt macht, zeigte 2002 SPD-Kanzler Gerhard Schröder, als er sich George W. Bush und seinem Irak-Feldzug widersetzte. Schröder gewann die Wahl - als Anker in einer unsicheren internationalen Lage. Der will Merkel auch sein.

Freilich wollen alle vom Streit mit Trump profitieren. Er wird zum "Wahlkampf-Hit". SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte gestern, es gebe die Gewissheit nicht mehr, "dass wir uns als Bündnispartner aufeinander verlassen können". Mit seinem jüngsten Tweet mache der US-Präsident klar, "dass er Deutschland für einen politischen Gegner hält". Offenbar als Replik auf Merkel hatte Trump getwittert, Deutschland habe einen massiven Handelsüberschuss und zahle zu wenig für die Nato: "Sehr schlecht für die USA. Das wird sich ändern."

Die Opposition will ebenfalls profitieren. Dietmar Bartsch (Linke) erklärte: "Es ist lange überfällig, eine eigenständige Politik gegenüber der Administration von Donald Trump durchzusetzen." Und Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt schimpfte: "Der Bundesregierung wird endlich klar, dass Trump auch das meint, was er im Wahlkampf versprochen hat." Gabriel versuchte gestern doch noch, Druck aus der Debatte nehmen. Es sei "nicht angemessen, dass wir zwischen Bierzelt und Twitter kommunizieren". Die Lage sei schwierig. Mittelfristig werde sich das Verhältnis zu den USA aber wieder verbessern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort