Jetzt hat auch Obama seine Katastrophe

Washington. Der Galionsfigur der US-Rechten, Rundfunk-Moderator Rush Limbaugh, fiel der böse Vergleich nicht schwer: Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko werde zu "Obamas Katrina", dröhnte der schwergewichtige Konservative voller Schadenfreude über den Äther

Washington. Der Galionsfigur der US-Rechten, Rundfunk-Moderator Rush Limbaugh, fiel der böse Vergleich nicht schwer: Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko werde zu "Obamas Katrina", dröhnte der schwergewichtige Konservative voller Schadenfreude über den Äther. In den USA erinnert man sich noch voller Bitterkeit an das staatliche Hilfschaos, nachdem 2005 der Hurrikan Tod und Verwüstung über Louisianas Küste gebracht hatte - genau dort, wo jetzt der Ölteppich wie ein Damoklesschwert über der Region hängt. Für Präsident George W. Bush war das Desaster vor fünf Jahren ein entscheidender politischer Sargnagel. Nachfolger Barack Obama könnte seinerseits mehr als nur Schrammen von dem Umweltdebakel davontragen. Selbst die liberale "New York Times" sparte am Wochenende nicht mit Kritik am Katastrophen-Kurs des Präsidenten. "Ein Schatten von Katrina hängt nach der Ölpest über Obama", befindet das der Regierung sonst eher zugetane Blatt. "Die Bundesregierung hatte Gelegenheit, schneller zu handeln, hat das aber nicht getan, weil sie auf eine Lösung seitens BP gewartet hat", meint die einflussreiche Zeitung. Dazu kommt: Anders als nach dem Grubenunglück in West-Virginia vor wenigen Wochen, als er mit Macht gegen die Betreiberfirma wetterte, hielt sich der Präsident mit Vorwürfen gegen den Ölkonzern BP zurück. Auch halte sich seine Empörung mit Blick auf die Konsequenzen für die Menschen an den Küsten bislang in Grenzen, registrierte die Zeitung. Obamas Chefstratege, David Axelrod, feuert zurück: Sofort nachdem die Bohrinsel "Deepwater Horizon" vorvergangene Woche in Flammen aufgegangen war, sei die Küstenwache vor Ort gewesen. Am Tag darauf sei ein Vize-Innenminister vor Ort eingetroffen, von Anfang an habe man sich eng mit Lokalbehörden und BP abgestimmt. Obamas Strippenziehern ist nicht entgangen, was sich an öffentlicher Stimmung gegen das Weiße Haus zusammenbraut. Noch Ende der Woche erklärte Sprecher Robert Gibbs, ein Besuch des Präsidenten in der Region sei nicht ausgeschlossen, in allernächster Zeit aber kaum zu erwarten. Am Samstag dann die plötzliche Kehrtwende: Schon am Sonntag wolle sich Obama gen Süden aufmachen. Die Ölpest bringt auch die sorgsam eingefädelte Energie- und Klimapolitik des Präsidenten ins Schlingern. Nicht wenige rieben sich vor einem Monat erstaunt die Augen, als Obama eine Ausweitung der Ölförderung vor den US-Küsten ankündigte. Leicht sei ihm die Entscheidung nicht gefallen. Doch sei es der Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt geschuldet, "dass wir traditionelle Energiequellen ausbeuten, selbst wenn wir die Produktion erneuerbarer, im Lande entwickelter Quellen vorantreiben". Niemand in Washington zweifelt: Es ist ein kalkulierter Schachzug, um die Republikaner angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Kongress für Obamas Klimagesetzgebung zu gewinnen. Noch am Freitag erklärte der Präsident im Rosengarten des Weißen Hauses: Die heimische Ölproduktion bleibe auch nach der Katastrophe im Golf "ein wichtiger Teil unserer Gesamtstrategie" - doch müsse sie "mit Blick auf unsere Arbeiter und unsere Umwelt verantwortlich geschehen". Präsidentenberater Axelrod unterstrich derweil, dass seit den Ankündigungen für eine Produktionsausweitung keine neuen Genehmigungen zur Ölförderung vor der Küste erteilt wurden; und dass es auch dabei bleiben werde, "bis wir herausfinden, was dort passiert ist und ob die Umstände einmalig und vermeidbar waren". Die Ölpest hat Obamas Klimagesetz, das noch immer im Kongress festhängt, nicht leichter gemacht. Das Repräsentantenhaus verabschiedete seine Version bereits vergangenes Jahr. Die Vorlage des Senats sieht unterdessen Konzessionen bei der Ölförderung vor Amerikas Küsten vor. Der Widerstand eines einflussreichen republikanischen Senators durchkreuzte Pläne, den Entwurf wie vorgesehen vorige Woche endlich in der kleineren Kongresskammer einzubringen.Nach der Ölpest, spekulieren US-Medien, dürfte es nun einer Reihe von demokratischen Senatoren schwer fallen, das Gesetzeswerk zu unterstützten. Vor allem, wenn sie aus Küstenstaaten kommen. "Ein Schatten von Katrina hängt nachder Ölpestüber Obama."Die "New York Times" über die Parallele von Ölpest und Hurrikan

HintergrundDutzende Tierarten sind von der Ölpest im Golf von Mexiko bedroht. Fische, Krebse, Säugetiere und viele Vogelarten leben in dem Mündungsgebiet des Mississippi und den Sumpfgebieten von Louisiana. Besonders bedroht sind laut Umweltschützern die Großen Tümmler und Pottwale. Pottwale, die die Gewässer südlich und östlich des Mississippi-Deltas als Kinderstube nutzen, hätten die Auswirkungen vermutlich schon zu spüren bekommen, da dieses Gebiet bereits direkt von dem Ölteppich betroffen sei, sagen Seetier-Spezialisten. In den küstennahen Gewässern sammeln sich auch gern die Großen Tümmler. Der auf die Küste zutreibende Schlick könnte ganze Populationen dieser Delphin-Art zerstören, da diese ohnehin nur aus mehreren Dutzend Tieren bestehen. afp

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