Israels Angst vor der zweiten Front

Gaza/Jerusalem. Vielerorts wird im Konflikt zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas um eine Lösung gerungen. Doch noch bevor es bei diesen Bemühungen einen wirklichen Erfolg zu verkünden gibt, droht sich der Konflikt auf eine zweite Front auszuweiten. In Israel schlugen gestern wieder Raketen aus dem Libanon ein

Gaza/Jerusalem. Vielerorts wird im Konflikt zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas um eine Lösung gerungen. Doch noch bevor es bei diesen Bemühungen einen wirklichen Erfolg zu verkünden gibt, droht sich der Konflikt auf eine zweite Front auszuweiten. In Israel schlugen gestern wieder Raketen aus dem Libanon ein. Israel, das mit Granaten antwortete, sah in dem Angriff zwar lediglich eine "Einzelaktion" radikaler Palästinenser. Die Erinnerungen an den Libanonkrieg vor zweieinhalb Jahren, der für Israel ein Desaster war, sind jedoch so wach wie nie zuvor. Dass Israel im Morgengrauen von Raketen aus dem Libanon getroffen wurde, überraschte in der israelischen Regierung niemanden mehr. "Wir wissen, dass extremistische Elemente im Libanon den Kampf gegen die Hamas für ihre Zwecke nutzen wollen", sagte ein ranghoher Regierungsvertreter, der nicht genannt werden wollte. In Armeekreisen hieß es, palästinensische Gruppierungen steckten dahinter.Der Angriff sei eine Reaktion auf die seit nunmehr 13 Tagen andauernde israelische Militäroffensive im Gazastreifen. Obwohl direkte Schuldzuweisungen an die schiitische Hisbollah, den Gegner während des Libanon-Kriegs, zunächst ausbleiben, trägt die Miliz nach Auffassung der Israelis einen Teil der Verantwortung. "Auch wenn es palästinensische Gruppen sind, die schießen, können sie das nicht ohne die Zustimmung der Hisbollah machen", sagte ein Armeevertreter. Gegen die Miliz hatte Israel im Sommer 2006 insgesamt 32 Tage lang einen unerbittlichen Kampf geführt. Den politischen und militärischen Führern Israels bescheinigte ein Untersuchungsausschuss dabei später fatale Fehlentscheidungen und ein "schwerwiegendes Scheitern". Die Hisbollah selbst, die im Libanon an der Regierung beteiligt ist, wies eine Beteiligung an den Angriffen zurück. Die Miliz wolle sich weiter für die Stabilität des Landes einsetzen und habe versichert, die UN-Resolution 1701 zu respektieren, sagte Informationsminister Tarek Mitri. In der Resolution stimmten die Gegner des Libanonkriegs im August 2006 einem Ende der Feindseligkeiten zu. Eine dauerhafte Waffenruhe wurde darin jedoch nicht vereinbart. "Wir hoffen aber immer noch, dass der Libanon nicht in den Konflikt im Gazastreifen hineingezogen wird", sagte Mitri. "Wir müssen aber noch wachsamer sein, damit sich so ein Vorfall nicht wiederholt."Wachsam sind im Libanon auch die Truppen der UN-Mission Unifil. Nach dem Abschuss der Katjuscha-Raketen auf den Nordwesten Israels wurden sie in "erhöhte Alarmbereitschaft" versetzt, wie ein französischer Armeevertreter mitteilte. Alle Einheiten wurden demnach an die südliche Grenze des Libanon verlegt. Dort patrouillieren sie nun, "um jegliche Möglichkeit zu einem neuen Raketenbeschuss zu unterbinden". In Alarmbereitschaft sind allerdings auch israelische Soldaten auf der anderen Seite der Grenze. Aus Angst vor Gefechten an einer zweiten Front hatte Israel zehntausende Reservisten eingezogen.

HintergrundOhne Ergebnis ist gestern ein Gespräch zwischen Gesandten der israelischen Regierung und ägyptischen Diplomaten über den Waffenruhe-Plan von Präsident Husni Mubarak zu Ende gegangen. Ein Sprecher des Außenministeriums in Kairo sagte: "Ägypten hat von Israel keine Antwort auf die ägyptische Initiative erhalten." Mubaraks Plan sah eine Aussöhnung zwischen rivalisierenden Palästinenserfraktionen und dauerhafte Waffenruhe vor. dpa

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