In Frankreich regiert das Misstrauen

Paris

Paris. Fällt bald der nächste Minister im französischen Kabinett? Einige Tage, nachdem Ex-Budgetminister Jérôme Cahuzac zugegeben hat, ein geheimes Konto im Ausland mit 600 000 Euro zu besitzen und die "Offshore-Leaks"-Enthüllungen die (legalen) Unternehmens-Beteiligungen von Präsident Hollandes Vertrautem Jean-Jacques Augier in der Steueroase Kaimaninseln offengelegt haben, kommt Frankreich nicht zur Ruhe. Gestern spekulierte die Tageszeitung "Libération" über ein mögliches Schweizer Konto von Außenminister Laurent Fabius, der das "Gerücht" sofort dementierte, das "auf keinem einzigen sachlichen Element" beruhe. Er prüfe juristische Schritte gegen das Blatt. Tatsächlich ist die Beweislage in dem Artikel äußerst dünn, der zu wissen glaubt, dass "Mediapart" zu einem möglichen Konto von Fabius recherchiert. Der Text beschreibt vor allem die Angst der Regierung vor immer weiteren Skandalen, die ihr Bestehen gefährden. Dem Finanzminister wird vorgeworfen, von Cahuzacs Betrügereien gewusst zu haben. Die Opposition fordert eine Kabinettsumbildung, für die sich 60 Prozent der Franzosen aussprechen.Der wortgewaltige Links-Populist Jean-Luc Mélenchon ruft zu einem großen "Reinemachen" auf und einer Demonstration zum einjährigen Jubiläum des Regierungsantritts Anfang Mai. Die Nervosität ist groß und das Vertrauen gebrochen. Die Zeitung "Le Monde" zitiert einen Regierungsberater mit dem Eindruck einer "allgemeinen Psychose" in den Fluren der Ministerien: "Man spricht nicht mehr miteinander, jeder blickt durch die anderen hindurch. Der drückenden Verdacht ist so groß, dass man sich fragt, ob nicht hinter jedem Minister ein Betrüger steckt."

Mit einem "Moralisierungs-Schock" will François Hollande nun beweisen, dass er schnell und konsequent Schlüsse aus dem Skandal zieht. Eine Reform für mehr Unabhängigkeit der Justiz, Kontrolle und Offenlegung der Vermögensverhältnisse von Volksvertretern, Verschärfung der Verfolgung bei Steuerflucht und Interessenkonflikten - der Staatschef plant ein Bündel an Vorschriften, das morgen im Ministerrat vorgestellt und bald im Parlament beschlossen werden soll. Er wolle "starke Maßnahmen" - aber können sie stark genug sein, um das Vertrauen wieder herzustellen? Die Regierung veröffentlicht nun die Vermögenserklärungen von allen Kabinettsmitgliedern. Die Informationen über Geld-, Wertpapier- und Immobilienbesitz sollen am Montag auf der Regierungswebseite abrufbar sein. hol/dpa

Foto: Langlois/afp

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