In Europa droht Verbot von Plastiktüten

Brüssel · Brüssel macht Ernst im Kampf gegen die Flut von Plastiktüten: Wegen der Umweltgefahren sollen künftig sogar Verbote der Tragetaschen zulässig sein. In manchen EU-Staaten werden pro Kopf und Jahr über 400 Stück verbraucht.

Die EU-Kommission will den enormen Verbrauch an Plastiktüten in Europa mit Steuern, Abgaben oder nationalen Verboten bekämpfen. Entsprechende Vorschläge wird EU-Umweltkommissar Janez Potocnik heute in Brüssel vorstellen. Demnach dürften die EU-Staaten die Tüten künftig sogar verbieten, was nach europäischem Recht bislang nicht zulässig ist. Zudem werden die 28 Mitgliedstaaten zu Steuern und Abgaben ermuntert. Vorbild ist Irland, wo der Tütenverbrauch mit einer 22-Cent-Abgabe stark reduziert wurde.

Der Präsident des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, unterstützte die Vorschläge der EU-Kommission. Verbote könnten besonders "für Küstenländer etwa im Mittelmeerraum" sinnvoll sein, in anderen Staaten dagegen eher die Einführung von Gebühren oder Abgaben, sagte Flasbarth. Deutschland habe mit dem Ende der Deponierung von unbehandeltem Hausmüll und dem funktionierenden Sammel-System für Verpackungsmaterial bereits viel erreicht. Kostenpflichtige Plastiktüten könnten dennoch zur weiteren Verringerung des Plastikmülls beitragen, betonte der Behördenchef. Dazu müsse die bestehende Bezahlpflicht für große Plastiktüten im Lebensmittel-Handel ausgeweitet werden - beispielsweise auf Kleider-, Schuh- und Elektro-Geschäfte.

Das Problem mit Plastikmüll ist nach Brüsseler Angaben gewaltig: Jeder Europäer verbraucht demnach im Schnitt 198 Plastikbeutel pro Jahr, etwa 90 Prozent davon aus leichtem Material. In Deutschland sind es trotz des eingespielten Abfall- und Recycling-Systems immerhin noch 71 Tüten. In einigen Staaten würden jährlich "weit mehr als 400" Plastiktaschen pro Einwohner verbraucht, schreibt die EU-Kommission.

Insbesondere die kostenlosen Einwegbeutel wehen in Flüsse oder Meere und schaden der Umwelt. Bis sie sich zersetzen, könne es hunderte Jahre dauern, warnt Brüssel. Die Tüten zerfallen in kleinste Teilchen, werden von Fischen oder anderen Meerestieren aufgenommen und gelangen so auch in menschliche Nahrungsketten. > e

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