Interview Horst Wieker „In den USA will jeder schneller und als erster am Markt sein“

Saarbrücken · Der HTW-Professor, der selbst Roboterautos erforscht, warnt vor einem fatalen Wettrennen. Besser sei: Erst testen, dann testen und dann noch mehr testen.

 HTW-Professor  Horst Wieker

HTW-Professor Horst Wieker

Foto: HTW Saar

Es geht nicht darum,  das erste selbstfahrende Auto auf die Straße zu bringen, sondern das sicherste, sagt Horst Wieker. Warum das den Merzigern Mut machen soll, erklärt der Leiter der Forschungsgruppe Verkehrstelematik an der HTW der SZ.

2016 war ein Tesla-Roboterwagen auf Todesfahrt in den Schlagzeilen, nun ein autonomes Uber-Auto und jetzt wird wieder die ganze Technik infrage gestellt. Zu Recht?

WIEKER Absolut nicht. Man muss jetzt nicht alles verteufeln. Bei Uber hatten wir es ganz klar mit einem Entwicklungsfahrzeug zu tun. Also ein Auto, das im öffentlichen Raum gefahren ist, obwohl es dort streng genommen noch nicht hingehört hätte. Es waren aber Test-Ingenieure an Bord – und irgendetwas ist bei der Fahrt gehörig schief gelaufen.

Und bei Tesla war das anders?

WIEKER Vorsichtig gesagt: Dieser Tesla war ein unausgereiftes Produkt, das auf den Markt gekommen ist und dazu kam noch die unsachgemäße Nutzung des Autopiloten.

Aber wie kann so etwas sein?

WIEKER Wir erleben in den USA und Europa zwei unterschiedliche Entwicklungswelten, wenn es darum geht, neue Produkte in den Handel zu bringen.

Erklären Sie das bitte einmal kurz…

WIEKER In den USA herrscht ein revolutionärer Ansatz: Jeder Unternehmer will möglichst schnell und als erster am Markt sein. Dabei nimmt er auch in Kauf, dass sein Produkt nicht hundertprozentig marktreif ist. Das ist ihm nicht so wichtig wie die volle Medienaufmerksamkeit. In Europa ist das anders: Hier wird nach einem evolutionären Ansatz gearbeitet. Das heißt: Bei uns muss der Reifegrad der Technik sehr hoch sein, bis man damit überhaupt in die Öffentlichkeit darf. Sie müssen mit einem autonomen Auto eigentlich einen Grand-Prix gewinnen, bevor Sie es auf einer Landstraße fahren dürfen. Viele Dinge werden auf abgesperrten Teststrecken und -feldern auf Herz und Nieren geprüft – unter unterschiedlichsten Bedingungen. Das ist kostspielig. Die Frage ist: Hat Uber diesen Invest gemacht?

Aber Sie und die HTW testen ja auch auf der Straße. Genauer gesagt auf der autonomenTeststrecke in der Merziger Bahnhofstraße.

WIEKER Wir testen dort aber nur Teil-Komponenten, die irgendwann mal in vollautomatischen Autos verbaut werden sollen – etwa ein Automatik-Stopp bei einer roten Ampel oder ein Alarmsignal, wenn ein Auto falsch in die Einbahnstraße einfährt. Bei uns sitzt immer ein Fahrer am Lenkrad, der steuert, Gas gibt und bremst. Die Merziger Bürger müssen sich also keine Sorgen machen, dass sie von einem Roboterauto überfahren werden könnten.

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