Gesundheitliche Versorgung Immer weniger Apotheken und Kliniken in Deutschland

Berlin · Vor allem auf dem Land machen sich Schließungen schmerzhaft bemerkbar. Eine Gefahr für die gesundheitliche Versorgung drohe aber nicht, sagen Experten.

Der Apothekerverband schlug in dieser Woche Alarm: Die Zahl der Apotheken in Deutschland sei auf den niedrigsten Stand seit Mitte der 1980er Jahre gesunken. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich auch bei Kliniken und Entbindungsstationen. Ist die gesundheitliche Versorgung in Gefahr?

19 423 öffentliche Apotheken gab es Ende 2018 in Deutschland – 325 weniger als im Jahr davor. Das sei auch der bislang höchste Rückgang in einem Kalenderjahr, hieß es jetzt bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Nach ihren Berechnungen kommen auf 100 000 Einwohner in Deutschland mittlerweile nur noch 23 Apotheken. Im EU-Durchschnitt seien es 31. Nach Einschätzung von Präsident Friedemann Schmidt steht damit die flächendeckende Arzneimittelversorgung auf dem Spiel.

Auch bei den Kliniken stehen die Zeichen auf Schrumpfung. Gab es 1991 noch 2411 Krankenhäuser in Deutschland, waren es Ende 2017 nur noch 1942. Ähnlich ist der Trend laut Statistik auch bei den Entbindungsstationen. Seit 2011 ist ihre Zahl um mehr als 14 Prozent auf jetzt 672 gesunken. Dabei hat sich die Zahl der Entbindungen im gleichen Zeitraum um knapp 19 Prozent auf 762 343 erhöht.

Die Sozialexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, sieht darin eine beunruhigende Entwicklung. „Krankenhausschließungen gefährden in ländlichen Regionen die medizinische Versorgung in der Fläche“, sagte Zimmermann unserer Redaktion. Lange Wege könnten „im Notfall sogar lebensbedrohlich“ sein. Für Jürgen Wasem, Professor für Medizinmanagement an der Uni Duisburg-Essen, ist das jedoch Panikmache. „Wahr ist, dass man in vielen Regionen Klinken schließen könnte, ohne dass die Wege für Patienten unzumutbar länger werden“, erklärte er auf Anfrage. Im internationalen Vergleich habe man immer noch eine sehr so hohe Klinikdichte. Grund sei, dass in anderen Ländern deutlich mehr ambulant behandelt werde.

„Zweifellos gibt es aber ein Spannungsfeld zwischen einem wohnortnahen Zugang und einer Spezialisierung der stationären Versorgung“, räumte Wasem ein. Hohe Fallzahlen bei derselben Behandlung in einer Klinik garantierten auch eine bessere Behandlungsqualität. Allerdings müsse es auch eine stationäre Mindestversorgung in strukturschwachen Gebieten geben. Dafür seien die Länder mit ihrer Krankenhausplanung verantwortlich. „In dieser Planung müssen die Länder auch für ein ausreichendes Angebot an Geburtenstationen sorgen“, sagte Wasem.

Und was ist mit den Apotheken? Anders als bei den Kliniken gäbe es hier keine Planvorgaben, erläuterte Ann Marini vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen. Vielmehr entscheide jeder Apotheker selbst, wo es sich lohne, sich niederzulassen. „Insgesamt haben wir in Deutschland aber nach wie vor eine sichere Versorgung der Patienten mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln“, sagt Marini. Das sieht Wasem genauso. Allerdings mache sich die Schließung einer Apotheke auf dem Land schmerzhafter bemerkbar als in Ballungszentren. Der Rückgang hänge in erster Linie mit dem ländlichen Praxissterben zusammen. „Wenn ein Arzt keinen Nachfolger mehr findet, geht natürlich auch der Umsatz der benachbarten Apotheke zurück, und am Ende macht sie ebenfalls dicht“, sagte Wasem. Hier brauche man neue Lösungen wie etwa mobile Apotheken, aber auch den Versandhandel von Medikamenten. „Die Alternative wäre, Apotheker so gut zu bezahlen, dass sie in dünn besiedelte Regionen gehen. Aber das wird kaum funktionieren“, meinte Wasem.

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