Jamaika im Saarland 2009-2012 „Im Saarland waren die Bedingungen einfacher“

Saarbrücken · Jamaika-Pionier Hubert Ulrich, Ex-Landeschef der Saar-Grünen, hofft auf ein Gelingen im Bund. Aber leicht wird es nicht.

 Sie besiegelten „Saarmaika“ 2009 (v.l.): Hubert Ulrich und Claudia Willger (Grüne), Ministerpräsident Peter Müller (CDU) und Christoph Hartmann (FDP).

Sie besiegelten „Saarmaika“ 2009 (v.l.): Hubert Ulrich und Claudia Willger (Grüne), Ministerpräsident Peter Müller (CDU) und Christoph Hartmann (FDP).

Foto: BeckerBredel/bub

Einen Anruf aus der grünen Parteizentrale in Berlin hat Hubert Ulrich noch nicht erhalten. Wäre ja möglich, dass etwa der Bundesvorsitzende Cem Özdemir dieser Tage mal im Saarland anruft, bei einem, der ein Jamaika-Macher ist. Denn ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen steht im Bund vor einer schweren Geburt, und Hubert Ulrich weiß, wie man dem Trio ans Licht verhilft. Der langjährige Chef der Saar-Grünen, der nach der verlorenen Landtagswahl vom März aus dem Amt schied, gilt als Architekt der bundesweit ersten Jamaika-Koalition, die im Saarland von November 2009 bis Januar 2012 hielt, bevor sie scheiterte. „Jamaika im Saarland war ein Erfolg“, sagt Ulrich nach wie vor. Trotzdem: Ein Anruf „von Cem“ aus Berlin sei gar nicht nötig, erklärt er schmunzelnd. „Das kriegen die auch alleine hin.“

Schwer wird die Verhandlung über ein Bündnis natürlich, sagt Ulrich, der öffentlich keine Tipps geben will. Auch über vermeintlich unvereinbare Positionen zwischen Grünen, FDP, CDU und vor allem CSU zu Flüchtlings-, Klima-, oder Steuerpolitik will sich der 59-Jährige nicht einlassen. „Es kommt darauf an, was verhandelt wird. Vorab etwas dazu zu sagen, wäre Kaffeesatz-Leserei.“ Nur so viel: „Die Grünen haben jetzt die Möglichkeit, die Themen, für die sie gewählt wurden, umzusetzen.“ Alle Beteiligten müssten sich „ernsthaft bemühen“, eine „stabile Regierungskoalition“ zu bilden. „Meine Hoffnung ist, dass dieses Jamaika-Bündnis gelingt.“

Doch steinig wird er wohl, der Weg zu Schwarz-Gelb-Grün. Auch Robert Habeck, grüner Umweltminister im derzeit einzigen Jamaika-Land Schleswig-Holstein, nennt die Voraussetzungen im Bund gestern die „denkbar schwierigsten“. Da ist vor allem die Obergrenze für Flüchtlinge, auf die die CSU vehement pocht. „Blanken Populismus“ nennt das Ulrich. „Eine Obergrenze mit Blick auf das Asylrecht ist verfassungswidrig.“ Mit Blick auf qualifizierte Arbeitskräfte seien hingegen auch die Grünen für ein „quotiertes Zuwanderungsgesetz“. Vor einer sachlichen Auseinandersetzung müsse die „CSU erstmal klar sagen, was sie genau will“.

Im Saarland waren die Bedingungen für Jamaika 2009 einfacher, sagt Ulrich. Daher tauge die Bündnis-Premiere, die am 6. Januar 2012 von CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer wegen zerrütteter Verhältnisse in der Saar-FDP beendet wurde, auch nicht zu einer Blaupause für den Bund. „Wir hatten damals zwei Optionen und wurden von beiden Seiten umworben“, sagt Ulrich. „Im Bund gibt es nur eine Option, nachdem sich die SPD verweigert hat. Das macht die Ausgangslage schwieriger.“ Zwar lief die Jamaika-Bildung auch im Saarland nicht ohne (auch grün-interne) Reibereien ab. Doch für die Grünen, die nach der Landtagswahl als Mehrheitsmacher zwischen Rot-Rot-Grün und Jamaika wählen konnten, glich die Situation einer „grünen Weihnachtswunschveranstaltung“, resümiert Ulrich. Entsprechend viele Themen habe man in den Koalitionsvertrag verhandeln (und später umsetzen) können, vom Nichtraucherschutz über die Gemeinschaftsschule bis zur Abschaffung der Studiengebühren.

Derart auftrumpfen können die Grünen im Bund nicht. Sie sind zu Kompromissen verdammt, auch die anderen werden hart verhandeln. Trotzdem, sagt Ulrich, „muss man einen inhaltlichen Konsens finden“. Auch die Bevölkerung wünsche sich eine stabile Regierung. Und die zu bilden, traut der Ex-Jamaikaner aus Saarlouis im Prinzip allen, die da nun verhandeln sollen, zu.

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