„Im Interesse der Sicherheit“

Von seinem Urlaubsort auf Mallorca aus verfolgt der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach (61), die immer größeren Kreise, die die US-Spähaffäre zieht. Im Telefoninterview mit SZ-Korrespondent Werner Kolhoff zeigte sich der CDU-Politiker vor allem erstaunt über die neue Debatte um die Vorratsdatenspeicherung.

Ist die Spähaffäre auch für Sie ein Anlass, um die Position der Union zur Vorratsdatenspeicherung zu überdenken?

Bosbach: Es gibt keinen wirklich überzeugenden Grund, unsere bisherige Haltung zu ändern. Wir sollten nicht die EU-Richtlinie zur elektronischen Beweissicherung, die auch Deutschland in nationales Recht umsetzen muss, mit den Ausspähprogrammen Prism und Tempora oder gar dem Verwanzen von Auslandsvertretungen verwechseln.

Sie sprechen jetzt von elektronischer Beweissicherung. Im CDU-Programm ist die Rede von Mindestspeicherfristen. Versucht man, den Wählern mit neuen Begriffen Sand ins Auge zu streuen?

Bosbach: Nicht Überschriften sind entscheidend, sondern Inhalte. Den Begriff Vorratsdatenspeicherung habe ich immer für problematisch, weil leicht missverständlich gehalten. Es geht ja gerade nicht darum, die Inhalte von Kommunikation zu erfassen oder Verkehrsdaten von Kommunikation auf Server des Staates zu lenken. Es geht ausschließlich darum, für einen begrenzten Zeitraum diese Verkehrsdaten dort zu speichern, wo sie anfallen - bei den Providern. Der Staat darf sie erst nach richterlicher Genehmigung nutzen und auch nur zur Abwehr oder Aufklärung schwerer Straftaten.

Trotzdem fordert CSU-Chef Seehofer jetzt eine Überprüfung der EU-Richtlinie und Julia Klöckner, die rheinland-pfälzische CDU-Chefin, regt eine parteiinterne Kommission an. Werden da welche unter dem Eindruck der Affäre nervös in der Union?

Bosbach: Ich hoffe nicht. Über die EU-Richtlinie wird seit Jahren diskutiert und die Union hat ihre Haltung nach sehr sorgfältiger Prüfung und Abwägung aller Argumente festgelegt. Wer Zweifel an der Notwendigkeit einer Neuregelung hat, möge sich bitte einmal intensiv mit Ermittlern unterhalten, die Straftaten nicht aufklären können, weil die dafür notwendigen Daten wegen Löschung nicht mehr genutzt werden können. Eigentlich müssen wir nur die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Vorratsdatenspeicherung in Gesetzessprache umformulieren, um zu einer neuen, verfassungsfesten Regelung zu kommen.

Aber die innerparteiliche Debatte hat begonnen. Wie soll sie weitergeführt werden?

Bosbach: Die Debatte haben wir schon vor Jahren geführt. Unter den Innenpolitikern der Union, aber auch an der Spitze von CDU und CSU gab es bislang keinen Zweifel, dass Mindestspeicherfristen zur Abwehr und Aufklärung von schweren Straftaten im wahrsten Sinne des Wortes notwendig sind. Dazu sollten wir im Interesse der Sicherheit des Landes und zum Schutz der Bevölkerung vor Straftaten und -tätern auch zukünftig stehen.

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