Freiburg Im Freiburger Prozess gegen Flüchtling ist die Altersfrage offen

Freiburg · Hussein K. soll im Oktober 2016 eine 19-Jährige ermordet haben. Wie alt er tatsächlich ist, ist der entscheidende Punkt für das mögliche spätere Strafmaß.

 Der Angeklagte Hussein K. (rechts) im Freiburger Landgericht.

Der Angeklagte Hussein K. (rechts) im Freiburger Landgericht.

Foto: dpa/Patrick Seeger

(dpa) Zweieinhalb Wochen war Pause, heute wird der Mordprozess gegen Hussein K. in Freiburg fortgesetzt. Der Prozess wirft ein Licht auf Deutschland in Zeiten der Flüchtlingskrise 2015/16. Er beleuchtet mögliches Behördenversagen im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Das Verfahren ist nun zusätzlich überschattet von einer Ende Dezember geschehenen Gewalttat, bei der ein angeblich erst 15 Jahre alter afghanischer Flüchtling im rheinland-pfälzischen Kandel seine deutsche Ex-Freundin erstochen haben soll. Die politische Diskussion um die Altersbestimmung junger Flüchtlinge ist damit neu entfacht. Auch der in Freiburg vor der Jugendkammer angeklagte K. will zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Vergewaltigung und Ermordung einer 19-jährigen Studentin minderjährig gewesen sein.

Gerichtsangaben zufolge soll gleich heute Morgen ein Zeuge gehört werden, der den nach eigenen Angaben aus Afghanistan stammenden K. und dessen Familie in Teheran gekannt hat. Später am Tag ist ein Polizeihauptkommissar geladen, der über das Bewegungsprofil und die Auswertung von K.‘s Handy sprechen soll, sagte ein Gerichtssprecher. Wann ein Urteil fällt – es war ursprünglich bereits für vergangenen Dezember geplant – ist offen.

Es ist ein ungewöhnliches und überregional beachtetes Verfahren mit widersprüchlichen Aussagen und vielen Facetten. Gutachten widerlegen K.‘s Altersangaben. Die Frage des Alters wird von entscheidender Bedeutung für die Höhe des Strafmaßes sein. Zur Last gelegt werden K. Mord und besonders schwere Vergewaltigung. Er hat zugegeben, im Oktober 2016 in Freiburg die 19-Jährige vergewaltigt, bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und dann im niedrigen Uferwasser des Flusses Dreisam zurückgelassen zu haben. Die Frau ertrank. Die Suche nach Antworten erweist sich als schwierig – und zeitintensiv. Plante das Gericht anfangs rund zwei Monate und 13 Verhandlungstage, sind nun mindestens 24 Prozesstage bis Mitte März 2018 vorgesehen, sagte die Vorsitzende Richterin Kathrin Schenk.

Hussein K. war im November 2015 ohne Papiere nach Deutschland gekommen und galt als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Er kam in Freiburg zu einer Pflegefamilie. Er sagte, er stamme aus Afghanistan und sei 16 oder 17 Jahre alt. Konkreter wurde er nicht. Von den Behörden überprüft wurden die Angaben nicht, wie Mitarbeiter der beiden beteiligten Jugendämter vor Gericht einräumen mussten. Dafür seien es damals schlicht zu viele Flüchtlinge gewesen. Amtliche Dokumente habe fast keiner von ihnen gehabt.

Zum Prozessauftakt gab K. zu, beim Alter gelogen zu haben und älter zu sein. Mehr sagt er dazu nicht. Die Staatsanwaltschaft hält Hussein K. für mindestens 22 Jahre alt, wie Oberstaatsanwalt Eckart Berger betont. Entsprechende Gutachten sowie mehrere Zeugenaussagen in dem Prozess untermauern das. Eines der beiden Gutachten hat einen Eckzahn des Angeklagten untersucht und so ein Alter von 25,8 Jahren errechnet. Ein zweites Gutachten basiert auf Röntgenaufnahmen von Knochen und Gebiss sowie medizinischen Untersuchungen. Das Resultat: Das wahrscheinliche Alter von K. betrage 22 oder 23 Jahre. Das absolute Mindestalter sei 19. Dieses sei zwar sehr unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen.

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