"Ich hatte immer große Gegner"

Berlin. So viel Aufmerksamkeit für die Linke kommt auch nicht alle Tage vor. In der Bundespressekonferenz rangeln die Fotografen um die besten Schnappschüsse, als Beate Klarsfeld in Begleitung der linken "Troika" aus Gesine Lötzsch, Klaus Ernst und Gregor Gysi zum Podium marschiert

Berlin. So viel Aufmerksamkeit für die Linke kommt auch nicht alle Tage vor. In der Bundespressekonferenz rangeln die Fotografen um die besten Schnappschüsse, als Beate Klarsfeld in Begleitung der linken "Troika" aus Gesine Lötzsch, Klaus Ernst und Gregor Gysi zum Podium marschiert. Während der Präsidentschaftskandidat Joachim Gauck zuletzt die Vorstände und Fraktionen der ihn unterstützenden Parteien abklapperte, sucht die von den Linken nominierte Klarsfeld gestern erst einmal die Nähe zur Medienmeute. Schnell zeigt sich, dass sie damit souverän umgehen kann. Bei den Parteichefs Lötzsch und Ernst scheint die Anspannung größer zu sein. In ihrer Würdigung der Kandidatin ist mal von "Renate K." und ein anderes Mal von "Frau Karsfeld" die Rede. Beide Versprecher wirken wie ein unfreiwelliger Fingerzeig auf die chaotischen Zustände, von der die Kandidatenfindung bei den Linken geprägt war.Warum geht Klarsfeld trotzdem für die Linke ins Rennen? Weil sich "keine andere Partei" zu ihrer Nominierung bereit erklärte, antwortet sie selbstbewusst. In einer Zeitung hat Klarsfeld sogar erklärt: "Natürlich hätte ich es lieber gehabt, wenn die CDU mich nominiert hätte oder die SPD." Doch was am Ende zählt, ist das Ergebnis. Für die 73-jährige Deutsch-Französin, das schimmert immer wieder durch, kommt die Kandidatur einer späten Genugtuung gleich. Sie versteht die Nominierung als Auszeichnung für ihr Lebenswerk, das hierzulande fast schon vergessen schien. Ohne Klarsfeld und ihren Mann Serge wäre manche berüchtigte Nazi-Größe unentdeckt geblieben. Auf ihr Betreiben wurde der "Schlächter von Lyon" Klaus Barbie gefasst und in Frankreich verurteilt. Sie machte Jagd auf den Judenmörder Alois Brunner und sorgte mit dafür, dass der SS-Mann Kurt Lischka am Ende in Deutschland zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Auf ihre spektakuläre Ohrfeige, die sie im Jahr 1968 dem damaligen Kanzler Kurt-Georg Kiesinger wegen dessen NSDAP-Mitgliedschaft verabreichte, ist Klarsfeld bis heute stolz ("Ich hätte erschossen werden können"). Dass sie bei ihren Recherchen zur braunen Vergangenheit auch mit der DDR kooperierte und so in den Geruch der Stasi-Nähe geriet, ficht sie nicht an. Die DDR habe nur ihre Archive geöffnet. "Ich bin kein Spitzel", versichert Klarsfeld.

Dafür ist sie eine glühende Anhängerin des Staates Israel, was nicht jedem in der Linkspartei gefällt. "Die Linke kennt meine Haltung", erklärt Klarsfeld. Der "Großteil" der Partei stehe da hinter ihr. Die Observierung der Linken durch den Bundesverfassungsschutz sieht Klarsfeld ebenfalls gelassen: "Ich bin immer überwacht worden."

Und wie hält es Klarsfeld mit Gauck? Auch dazu kein böses Wort. Er habe für Bürgerrechte gekämpft, sie gegen NS-Verbrecher, sagt sie. Natürlich rechnet die streitbare Frau nicht ernsthaft damit, gegen Gauck zu gewinnen. Der kann sich am 18. März auf rund 90 Prozent der Delegierten in der Bundesversammlung stützen. Aber kämpfen will Klarsfeld trotzdem. "Ich hoffe, dass so viele wie möglich für mich stimmen werden", sagt sie am Ende ihres Presseauftritts. "Ich hatte immer große Gegner, und bin trotzdem gegen sie angetreten."Foto: Lang/dapd

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