Hollands Krisenmanager setzt auf Herz und Verstand

Den Haag · Er zieht ein verknülltes Tuch aus der Tasche, wischt sich über die Augen und beginnt zu reden. Knapp sieben Minuten dauert die Rede des niederländischen Außenministers Frans Timmermans am 21. Juli bei der Uno in New York.

"Stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass Ihr Mann getötet wurde und dann, zwei oder drei Tage später sehen Sie Bilder, wie irgendein Verbrecher den Ehering von seiner Hand stiehlt", sagt der 53-Jährige. Bis an sein Lebensende werde er nicht verstehen, "warum es so lange gedauert hat, bis den Rettern erlaubt wurde, ihre schwierige Arbeit zu machen und dass die Leichen von Menschen für ein politisches Spiel missbraucht wurden".

Diese Worte machten den Sozialdemokraten nicht nur weltweit bekannt. Er wurde zum moralischen Gesicht des Dramas um Flug MH17, der am 17. Juli vermutlich von einer Rakete über der Ostukraine abgeschossen worden war. Seit jenem Tag ist Timmermans als rastloser Krisenmanager unterwegs. Er reist von Kiew nach Den Haag , von Charkow in der Ostukraine nach New York. Er muss für die Heimkehr von hunderten Opfern sorgen und den sicheren Zugang der Experten an der Absturzstelle. Timmermans kann viele Gesprächspartner in deren eigener Sprache ansprechen. Russisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch spricht er fast ohne Akzent. Der Minister kennt Russland und die russische Mentalität gut, jahrelang wohnte er in Moskau. Sein über die Jahre aufgebautes Netzwerk beweist nun seinen unschätzbaren Wert.

Dabei hält der Vater von vier Kindern nichts davon, Persönliches hinter seinem Amt zu verbergen. Seine Emotionen galten dabei lange als Achillesferse. Am 21. Juli zeigten sie sich als Stärke. Kurz vor der Uno-Sitzung tippte er jene Zeilen in den Computer, die nun nicht nur seinen Landsleuten wieder etwas Hoffnung in der Krise geben.

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