Höhere Knöllchen für Rüpel-Radler

Berlin. Sie rasen bei Rot über die Ampel, preschen über den Gehweg und schneiden die Kurve: Rowdys unter den Radfahrern bringen sich und andere in Gefahr. Ab 1. April sollen sie dafür kräftiger als bisher zur Kasse gebeten werden - die Polizei verlangt für Fehlverhalten um fünf Euro höhere Bußgelder

Berlin. Sie rasen bei Rot über die Ampel, preschen über den Gehweg und schneiden die Kurve: Rowdys unter den Radfahrern bringen sich und andere in Gefahr. Ab 1. April sollen sie dafür kräftiger als bisher zur Kasse gebeten werden - die Polizei verlangt für Fehlverhalten um fünf Euro höhere Bußgelder. Die Zweiradlobby vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) begrüßt die Erhöhung, sieht deren Wirkung aber verpuffen. Dem schließen sich die drei großen Automobilclubs an: ADAC, AvD und ACE dringen vor allem auf mehr Polizeikontrollen.

Der ADFC-Vorsitzende Ulrich Syberg rechnet nicht mit mehr Sicherheit oder Abschreckung durch höhere Strafen: "Das Bewusstsein über die Gefahren ist bei Radfahrern längst nicht so ausgeprägt wie bei Autofahrern", analysiert Syberg. Autofahrer fühlten sich selbst häufig als die Gefährdenden, Radler dagegen sähen höchstens sich selbst gefährdet.

Für Syberg sind die Hauptprobleme nicht zu geringe Strafen, sondern die Psyche vieler Radler: "Ein Drittel der Radfahrer unterschätzt das Risiko beim Fahren auf der falschen Straßenseite." Dabei sei es sicherer, einen kurzen Umweg zu fahren oder vorsichtig die Straße zu überqueren.

Begünstigt wird das laut Syberg durch bauliche Probleme auf vielen Wegen und Kreuzungen. "Viele Straßen haben keine auf den Radverkehr abgestimmten Ampelschaltungen oder Wegweisung", sagte Syberg und forderte: "Die Infrastruktur vor Ort muss durchforstet werden. Sie muss dem wachsenden Radverkehr angepasst werden. Auf die Straßen gehören Radverkehrsstreifen."

Der ADFC-Vorsitzende forderte Politiker und Verkehrsplaner auf, gezielt zu schauen, "wo falsch gefahren wird und wo viele Unfälle passieren". Denn häufig liege das Problem in Dingen wie einer Ampelschaltung, die Radfahrer benachteiligt. "Die Infrastruktur muss eindeutig gestaltet werden, damit der Radfahrer erst gar nicht die Gelegenheit bekommt, sich falsch zu verhalten."

Höhere Strafen lehnt Syberg nicht ab - sie würden jedoch mangels Polizisten auf den Straßen nur wenige Sünder treffen. "Kontrollen im Radverkehr erfordern viel Personal. Dafür wird es nie genug Polizisten in Deutschland geben."

Auch Verkehrsjurist Markus Schäpe vom ADAC kritisiert, dass auf rowdyhafte Radler zu wenig Druck gemacht wird. Dies schwäche die Wirkung höherer Bußgelder: "Ohne Kontrollen hilft die höchste Geldbuße nichts." Angesichts der geringen Kontrolldichte interessiere es Radler nicht, ob ihr Fehlverhalten nun zehn oder 15 Euro koste. Dabei sei vielen Rasern auf zwei Rädern nicht bewusst, dass sie etwa beim Überqueren einer Ampel bei Rot schnell Punkte in Flensburg kassierten.

Auch der Automobilclub von Deutschland (AvD) stimmt mit ein. Höhere Bußgelder steigerten nicht die Verkehrsmoral der Radler - dies gelinge nur durch schärfere Kontrollen. Der Sprecher des Auto Club Europa, Rainer Hillgärtner, sagte: "Rüpelhafte Radler müssen nicht besonders fürchten, dass ihnen die Polizei demnächst in die Speichen greift."

Hillgärtner sieht die Probleme nicht nur bei den "Pedaleros", sondern auch den Autofahrern. Mit Besserwisserei und Dominanz-Gehabe machten sich beide Seiten das Leben schwer. Während Radler das Recht der Straße oft gerne allein für sich hätten, attackierten Autofahrer die Radler - als "unterbelichtet, riskant, militant".

Viele der Strafzahlungen für Radler sind auch im neuen Bußgeldkatalog in vier Stufen gestaffelt: Wer beispielsweise einen beschilderten Radweg nicht benutzt, muss künftig 20 statt bislang 15 Euro Strafe zahlen. Behindert er andere, kommen nochmal fünf Euro hinzu. Gefährdet er andere, werden weitere fünf Euro fällig. Sachbeschädigung lässt das Bußgeld abermals um fünf Euro auf insgesamt 35 Euro steigen.

Diese Staffelung gibt es auch bei anderen Rüpeleien: Benutzung des Radwegs oder Befahren einer Einbahnstraße in nicht zugelassener Richtung (jeweils 20 bis 35 Euro). Wer in einer Fußgängerzone oder auf dem Gehweg nicht vom Rad absteigt, muss 15 bis 30 Euro zahlen. Dieselbe Strafe droht Radlern, die trotz vorhandener "Schutzstreifenmarkierung" nicht auf der rechten Seite fahren. Keine oder eine nicht funktionierende Klingel kostet 15 Euro. Fehlt das Licht am Rad, kann eine Strafzahlung von 20 Euro verhängt werden.

"Kontrollen im Radverkehr erfordern viel Personal."

ADFC-Vorsitzender Ulrich Syberg

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