Historische Offensive

London/Berlin · Die britischen Geheimdienste stehen in der Kritik – deshalb entschließen sich die Chefs zu einer beispiellosen Offensive: Live im Fernsehen beteuern sie, dass sie nichts Illegales tun.

Kein Wort über Spionage von der Berliner Botschaft aus, keine Reue: Die Chefs der drei wichtigsten britischen Geheimdienste haben in einem bemerkenswerten Auftritt beteuert, all ihre Operationen stünden absolut im Einklang mit den geltenden Gesetzen. Die Leiter des Inlandsgeheimdienstes MI5, des Auslandsdienstes MI6 sowie des Überwachungsdienstes GCQH äußerten sich zum ersten Mal in dieser Form. Der mit zwei Minuten Zeitverzögerung live im Fernsehen übertragende Auftritt der Männer, die sich normalerweise im Hintergrund halten, wurde in Großbritannien als historisch gewertet. Allgemein gilt die ungewohnte Öffentlichkeit als Reaktion auf die zunehmende Kritik an der Arbeit vor allem des GCHQ.

Dem Dienst wird vorgeworfen, gemeinsam mit der US-amerikanischen NSA flächendeckend Bürger und auch befreundete Staaten ausspioniert zu haben. GCHQ-Chef Iain Lobban sagte, es gebe keine flächendeckende Auswertung von Computer- oder Telefondaten. "Das wäre nicht angemessen und nicht legal, das tun wir nicht", sagte er. Lobban gab sogar eine Garantie dafür ab, dass sich seine Organisation gesetzeskonform verhält: "Wir sind dem Gesetz verpflichtet, und ich bin sicher, das gilt auch für unsere Schwester-Dienste."

Der Leiter des Auslandsgeheimdienstes, John Sawers, fügte hinzu: "Alles, was wir tun, ist von Regierungsmitgliedern genehmigt." Sawers nannte die Enthüllungen Snowdens "schädlich". Sie bedeuteten ein Risiko für die Operationen der Geheimdienste. "Unsere Gegner reiben sich die Hände", sagte er.

Der Chef des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, Andrew Parker, sprach von 34 versuchten Terroranschlägen in Großbritannien, die seit den Attentaten auf die Londoner U-Bahn 2005 vereitelt worden seien. Bis zu zwei davon seien groß angelegte Anschlagspläne gewesen. Es gebe Hinweise darauf, dass Terroristen durch die Snowden-Enthüllungen sensibilisiert würden und ihre Kommunikationstechniken änderten.

Die Spähaktionen der USA und Großbritanniens hatten zuletzt zu ernsthaften Verstimmungen in Deutschland geführt. US-Außenminister John Kerry räumte jetzt ein: "Ohne Frage hat diese Situation zu Spannungen in unserem Verhältnis geführt."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Der Sexskandal um Motorsportboss Max Mosley (Foto: dpa) hat einen britischen Geheimdienstagenten den Job gekostet. Die Ehefrau des entlassenen MI5-Agenten ist eine der Prostituierten, die auf dem Sadomaso-Video mit dem Chef des Internationalen Automobilve
Der Sexskandal um Motorsportboss Max Mosley (Foto: dpa) hat einen britischen Geheimdienstagenten den Job gekostet. Die Ehefrau des entlassenen MI5-Agenten ist eine der Prostituierten, die auf dem Sadomaso-Video mit dem Chef des Internationalen Automobilve
Aus dem Ressort