Hilfe für Hauptschüler

Berlin. Die Bundesregierung hat der mangelnden Ausbildungsreife vieler Jugendlicher den Kampf angesagt. Bis zum Jahr 2018 solle das Problem "im Wesentlichen" beseitigt sein, erklärte Bildungsministerin Annette Schavan gegenüber unserer Zeitung. Grundlage dafür bildet ein gestern von der CDU-Politikerin vorgestelltes Programm, das sich speziell an Hauptschüler ab der 7

Berlin. Die Bundesregierung hat der mangelnden Ausbildungsreife vieler Jugendlicher den Kampf angesagt. Bis zum Jahr 2018 solle das Problem "im Wesentlichen" beseitigt sein, erklärte Bildungsministerin Annette Schavan gegenüber unserer Zeitung. Grundlage dafür bildet ein gestern von der CDU-Politikerin vorgestelltes Programm, das sich speziell an Hauptschüler ab der 7. Klasse richtet.

Mit den auf insgesamt neun Jahre angelegten Maßnahmen sollen bis zu 60 000 junge Menschen eine gezielte Berufsorientierung erhalten. Die Bundesregierung veranschlagt für das Vorhaben Kosten in Höhe von 755 Millionen Euro. Knapp die Hälfte davon ist für 3200 so genannte Berufslotsen vorgesehen, die Hauptschüler in ganz Deutschland betreuen und ihnen zu einer Lehrstelle verhelfen sollen. Konkret handelt es sich um "junge Senioren mit viel Berufserfahrung". Gefragt sind aber auch Pädagogen mit Migrationshintergrund, die das überdurchschnittlich hohe Ausbildungsdefizit junger Ausländer abbauen sollen.

Bislang wird dieses Programm nur in einigen Modellregionen erprobt. Dabei habe man aber sehr gute Erfahrungen gemacht, versicherte Schavan. Nach ihren Angaben sollen in der 7. Klasse zunächst die Stärken und beruflichen Neigungen der Schüler festgestellt werden. Dazu werden in Berufsbildungszentren individuelle "Potenzial-Analysen" durchgeführt. Im nächsten Schuljahr lernen die Betroffenen dann bestimmte Berufsbilder im Praxistest kennen. In den Klassen 9 und 10 sind eine vertiefende Berufsorientierung sowie Betriebspraktika vorgesehen.

Alle Versuche, die mangelnde Ausbildungsreife nur über schulische Angebote zu beheben, hätten nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt, sagte Schavan. Dagegen sei das Konzept der individuellen Berufsorientierung mit einer deutlichen Reduzierung der Schulabbrecherzahlen verbunden. Die Modellprojekte verhalfen bislang 82 000 Jugendlichen zu einer beruflichen Ausbildung. Nach einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages organisieren mehr als die Hälfte aller deutschen Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, Nachhilfeunterricht für ihre Azubis.

Wie aus dem gestern vom Kabinett verabschiedeten Berufsbildungsbericht hervorgeht, wird jede fünfte Lehre vorzeitig abgebrochen. Rund 15 Prozent der jungen Leute zwischen 20 und 29 Jahren verfügen über keinen Berufsabschluss. Zugleich waren im September 2009 deutlich mehr freie Lehrstellen (17 225) als noch unversorgte Bewerber (9603) registriert. Durch den demographischen Wandel ging allerdings auch die Zahl der ausbildungsinteressierten Jugendlichen im Vorjahresvergleich um 8,8 Prozent zurück.

Meinung

Leuchttürme auf dem Berufsweg

Von SZ-Redaktionsmitglied

Gregor Haschnik

Die Berufslotsen sind nur ein erster, wichtiger Schritt, um bildungsfernen Schichten endlich bessere Berufschancen zu ermöglichen. Dass Deutschland in dieser Hinsicht zu Recht gerügt wird, zeigt die Lage der Hauptschüler: Die Hauptschulen sind vielerorts zu Restschulen geworden, mit einem miserablen Lernmillieu. Eine bildungsfremde geschlossene Gesellschaft ist dort entstanden, in der manche Schüler das Berufsziel "Hartz-IV-Empfänger" äußern - mangels Vorbildern. Berufslotsen könnten diese Spirale des Scheiterns aufhalten, indem sie in diese Parallelgesellschaft eindringen und Perspektiven aufzeigen. Erfolgreiche Migranten könnten dabei eine besonders wertvolle Rolle spielen.

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